Rudolf Yelin (1902-1991), Wolf Dieter Kohler (1928-1985) und Adolf Saile (1905-1994): Stiftskirche Stuttgart (1953/54)

1953/54 wurde die evangelische Stiftskirche Stuttgart mit neuen, hochwertigen Glasfenstern im Chorbereich ausgestattet, womit Schäden durch die Bombardierungen der Jahre 1944/45 beseitigt wurden. Jedes der drei Fenster kostete damals 12.000 Deutsche Mark – eine damals ungewöhnlich hohe Summe (ein der Größe vergleichbares Fenster in Ulm kostete damals gerade einmal 1.370 Mark). Das Himmlische Jerusalem ist gleich mehrfach vertreten, unterschiedlich gestaltet über die drei Maßwerksfenster hinweg verteilt. Es handelt sich um eine Zusammenarbeit der drei Glasmaler Rudolf Yelin (1902-1991), Adolf Valentin Saile (1905-1994) und Wolf Dieter Kohler (1928-1985). Diese drei trugen Verantwortung, dass nach 1945 über 50 Glasfenster für Kirchen in Baden-Württemberg hergestellt wurden, die alle das Himmlische Jerusalem zum Thema haben. Nur hier, kurz darauf in der evangelischen Kirche von Mengen und ein letztes Mal in xy haben sie einmal zusammen gearbeitet. Ursprünglich hatte Yelin den Hauptauftrag erhalten, daher führte er auch das Mittelfenster aus, die schmäleren Seitenfenster vergab er an seinen damaligen Schüler Kohler und den Kollegen Saile.
Zunächst findet man das Neue Jerusalem im mittigen Chorfenster, welches unten die Passion Christi und das Osterereignis zum Thema hat. Im Maßwerk sind oben links und rechts die Tore der Stadt dargestellt, im obersten Sechspass der über der Stadt und dem Berg thronende Erlöser. Weitere Tore findet man in den beiden Tondi darunter und ein weiteres dazwischen, wo über der Stadt ein Engel mit dem Banner Alpha und Omega schwebt. Mit dieser Darstellung ist es eine typische Darstellung von Rudolf Yelin, ähnlich wie zuvor in Wimberg und später in Feudenheim.

 

Das linke Chorfenster ist eine Arbeit von Wolf Dieter Kohler. Es hat den Titel Offenbarungsfenster. Ganz oben, in fünfzehn Meter Höhe, erscheint Maria als Himmelskönigin mit Jesus auf ihrem Arm. Darunter hat der Künstler drei Tore gesetzt, auf denen in lässigen Posen Engel ruhen, mit einer Ausnahme des Engels rechts, der die Arme verschränkt hält. Es sind blockartige Bauten, die aber so genau gezeichnet sind, dass jeder einzelne Stein wiedergegeben ist, was auf die Entfernung keinen Sinn ergibt, da es nur mit der Kamera herbeigezoomt werden kann. Wie einige der Tore Yelins ist auch bei Kohler die Rahmung goldfarben, die Füllung rot.

 


Ein weiteres Chorfenster (rechts) zeigt eine weitere Szene aus der Offenbarung des Johannes (Kap. 14, Vers 22), bei welcher die Erlösung stärker in den Blick kommt. Dieser Beitrag ist von Adolf V. Saile, in dessen Glasmanufaktur übrigens alle drei Chorfenster hergestellt wurden. Die beiden Pole dieses Fensters sind die Zerstörung Babylons unten und das Himmlische Jerusalem in Torform mit dem Lebensfluss oben. Auch hier sind die Tore in einzelne Fischblasen des gotischen Maßwerkfensters gesetzt, eines in den oberen Vierpass, zwei darunter als Abschluss der zweiten und dritten Fensterbahn. Hier ist das Mauerwerk in blauer Farbe gesetzt, während es aus den offenen Toren in einem kräftigen Rot strahlt. Ein drittes Mal sind auch hier Engelsfiguren auf die Tore gesetzt, was offensichtlich unter den Künstlern abgesprochen war und die Fenster motivisch vereint. Auffällig ist bei Saile ein gewaltiger Hammer, mit dem eine Figur von links an die Tore zu klopfen scheint: Mitnichten handelt es sich um Thor, sondern um Petrus, der hier mit einem Schlüssel die Tore aufschließt.

Theo Sorg: Die Stiftskirche in Stuttgart, Königstein im Taunus (1972).
Reinhard Lambert Auer (Hrsg.): Stiftskirche Stuttgart, Darmstadt 2004.
Martin Klumpp: Stiftskirche Stuttgart, Stuttgart 2006 (2).
Claus Bernet: Kirchenfenster und Glasarbeiten, Teil 2, Norderstedt 2014 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 16).

 

tags: Rudolf Yelin, Adolf Saile, Nachkriegskunst, Stuttgart, Schwaben,
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