Englische Apokalypse MS Auct. D. 4. 14 (um 1310)

Fol. 54v von MS Auct. D. 4. 14 entstand um 1310. Es handelt sich um eine englische Apokalypse in Altfranzösisch und Latein, die heute in der Bodleian-Bibliothek in Oxford aufbewahrt wird. Die Miniaturen von unbekannter Hand sind originell und naiv um eine neue Ausdruckskraft bemüht. Im Zentrum findet sich als grüner Hügel der Zionsberg, auf dem das Himmlische Jerusalem thront. Auf der Mauerseite findet man sieben Tore in unterschiedlicher Größe. Das mittige Haupttor ist mit einem Schloss verriegelt. Dies ist auch notwendig, denn um die Stadt herum spielen sich dramatische Szenen ab: Links marschiert die Armee von Gog und Magog hinter einem mehrköpfigen Dämon auf, wie überhaupt diese Apokalypse großes Interesse an Teufel und Dämonen zeigt, weniger jedoch an der Friedensstadt Jerusalem interessiert ist. Rechts liegt ein Haufen gefallener Ritter. Dazwischen erscheint im Hügel eine Öffnung, in die der Teufel für tausend Jahre eingeschlossen wird. Erst danach bricht, nach weiteren Kämpfen, die eigentliche Gottesherrschaft an. In dem Blatt hat man also, lange vor Dürer, zwei zeitlich hintereinander folgende Sequenzen vereint, nämlich die Bindung Satans (Apok. 20) und die Niederkunft des Neuen Jerusalems (Apok. 21).

Otto Pächt, J. J. G. Alexander: Illuminated manuscripts in the Bodleian Library Oxford, 2, Oxford 1973.
Brent A. Pitts: Versions of the apocalypse in medieval french verse, in: Speculum, Bd. 58, 1, 1983, S. 31-59.
Claus Bernet: Miniaturen des Mittelalters, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 28).
Natalie Latteri: A dialogue on disaster: Antichrists in Jewish and Christian apocalypses and their medieval recensions, in: Quidditas, Bd. 38, 2017, S. 61-82.

 

tags: Englisch, Bodleian Library, Oxford, Teufel, Dämon, Zionshügel, Tausendjähriges Reich
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