Hildegard Bienen (1925-1990): Reliquiargitter aus St. Pius in Bottrop (1982)
Hildegard Bienen (1925-1990) ist die Künstlerin in Deutschland, die das Himmlische Jerusalem wohl am häufigsten zur Darstellung brachte. So ist es auch in der römisch-katholischen Kirche St. Pius in Bottrop. Hier hat Bienen in der Marienkapelle ein bewegliches schützendes Gitter zu einem älteren Reliquiar geschaffen, welches zum Schutz vor Diebstahl vor eine steinerne Wandnische gesetzt wurde. Damit sind die Reliquien doppelt geschützt und verschlossen: in dem eigentlichen Tabernakel und dem zusätzlichen Schutzgitter. An den vier Seiten sind jeweils drei einfache, offene Tore mittels gebogener Stäbe gesetzt. Weitere solche Stäbe dienen der Stabilisierung des Gitters und haben keine darstellende Funktion. Es handelt sich bei dem Bild um eine „Draufsicht“, die zwölf Tore sind also von oben zu sehen und sind quasi für den Betrachter aufgeklappt, was das Türmotiv des Reliquiars aufnimmt, welches geheimnisvoll grüngelb durch das Gitter scheint.
In der Mitte – wie häufig bei Bienen (vgl. die Kreuzwegstation von St. Barbara in Oberhausen-Königshardt von 1979 oder die Tür der Friedhofskapelle Marienthal von 1990) – ist das Gotteslamm zu finden, umgeben von Heiligen, die Palmzweige in ihren Händen halten (es sind Märtyrer und Märtyrerinnen, inspiriert von Engelsfiguren aus Willebadessen, die Bienen nachweislich kannte und als ihr Vorbild bezeichnete). Oben links sehen wir einen Engel, der Johannes die Stadt zeigt. Unten hingegen ziehen sich breitere Bänder horizontal entlang, die aus gekräuselten Wellen bestehen – dieses ist der Lebensfluss. Im Gegensatz zu den Toren sind diese Figuren äußerst detailreich und mit hoher Sorgfalt über Monate hergestellt und zusammengesetzt worden.
Leonard Küppers: Hildegard Bienen, Recklinghausen 1977.
Heinz Dohmen: Hildegard Bienen – Band 2: Werke von 1977-1990, Recklinghausen 1991.
Claus Bernet: Denkmalschutz, Denkmalpflege und UNESCO-Weltkulturerbe, Norderstedt 2020 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 47).