Goldener Altar von Sahl (1250-1300)

Ungewöhnlich gut erhalten ist der goldene Altar aus der romanischen Sahl-Kirche im dänischen Jütland (allerdings in der kleineren Ortschaft Sahl unweit von Vinderup und nicht im gleichnamigen Ort Bjerringbro, der sich ebenfalls auf Jütland befindet). Der Sahl-Altar zählt zu den besten sakralen Kunstwerken des Mittelalters in ganz Dänemark; sogar im Dom Viborg hat man eine Nachbildung des goldenen Altars der Dorfkirche angefertigt, des weiteren auch in der Bethlehemkirche von Hannover-Linden (1906). Im Jahr 1934 wurde er an das Nationalmuseum nach Kopenhagen geschickt und dort umfassend dokumentiert und restauriert. Er dürfte in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstanden sein, ausgeführt von einem Goldschmiedemeister in Ribe, wo ja gerade zeitgleich ein Neues Jerusalem in Stein entstand.
Man findet den Altar heute an der ansonsten geweißten Ostwand des Chores der Kirche in Sahl.

Seine Form wird dadurch unterstrichen, da der Altar in eine Nische eingefügt ist, sie seine äußeren Umrisse nachbildet. Es handelt sich um Kupferplatten auf Eichenholz, die ursprünglich komplett vergoldet waren, im Prinzip eine Weiterentwicklung großer Altäre des Jahrhunderts zuvor (vgl. Verduner Altar). Unten wird auf dem vergoldeten Relief der thronende Christus präsentiert, einschließlich der zwölf Apostel und Szenen aus dem Neuen Testament (Szenen und Stationen aus dem Leben Jesu) auf quadratischen Reliefplättchen. Diese Platten sind mit nicht weniger als 87 Bergkristallen verziert, die wie Edelsteine wirkten, da sie mit einer farbigen Folie unterlegt waren, die jedoch 1934/35 als „nicht authentisch“ entfernt wurde. Darüber, auf dem eigentlichen Retabel, zieht sich eine Bordüre mit fünf romanischen Toren des Himmlischen Jerusalem. Die beiden äußeren, symmetrisch angelegten Türme sind prächtiger und doppelt so hoch wie die drei mittigen Tore. In den Toren stehen Figuren; im Zentrum sitzt Christus als Richter auf dem Thron. Darüber schauen Heilige aus den Fenstern, wiederum darüber Engel (Gabriel, Michael, Raphael und Huriel). Von den zwei äußeren Türmen (von denen einer rechts den Namensgeber der Kirche zeigt, den Heiligen Michael) spannt sich ein halbkreisförmiger Bogen des Ziboriums, der einerseits das Firmament mit der Hand Gottes symbolisiert, andererseits selbst wie ein gewaltiges Tor aussieht. Auf den Bogen sind dann noch weitere Tore und Türme gesetzt, so dass der Gesamteindruck weniger massiv, sondern filigran, nach oben hin ausgerichtet wirkt.

Joseph Braun: Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung, München 1924.
Else Jensen: Gullev kirke. Sahl kirke, Gjerning 1973.
Inger Marie Bojesen, Kristian Knudsen: Die Kirche zu Sahl, Sahl 1999.
Claus Bernet: Liturgica und Kirchenschmuck, Norderstedt 2014 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 12).

 

tags: Romanik, Dänemark, Gold, Altar, Jütland
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