
Franz Katzgraber (1926-1998): Kronleuchter aus St. Ulrich in Wieselburg (1968)
Einen in Form und Farbe ungewöhnlichen Kronleuchter findet man in der römisch-katholischen Stadtpfarrkirche im österreichischen Wieselburg im Bezirk Scheibbs in Niederösterreich. Er war eine Gabe des Österreichischen Bundesdenkmalamtes in Wien, das damals noch Kirchenbauten mit neuer Sakralkunst beschenkte. Im Jahr 1968 war er von dem Bildhauer Franz Katzgraber (1926-1998) aus unbearbeiteten und rostenden Stahl- und Eisenteilen zusammengesetzt worden und wurde vom Künstler expressis verbis als „Himmlisches Jerusalem“ bezeichnet. Die Idee war, dem Werk einen Ausdruck von Patina und Alter zu verleihen, der dem historischen Raum angemessen sein sollte.
Heute ist das Werk in der Gemeinde überwiegend als „die Dornenkrone“ bekannt, was vor allem seiner Gestalt geschuldet ist, die bei Beleuchtung eigenartige, zackige Schatten auf die weißen Kirchenwände wirft, langen Dornen nicht unähnlich. Inhaltlich ist eine Dornenkrone als Motiv für einen Leuchter allerdings unpassend, da von diesem Passionsgegenstand, anders als vom Himmlischen Jerusalem, kein Licht ausgeht.
Die Arbeit passt sich, im Gegensatz zu vielen anderen Kunstwerken aus den 1960er Jahren, hervorragend in den romanischen Sakralraum der Kirche ein, was von Beginn an der Auftrag an den Künstler gewesen war. Mit der runden Form ist er natürlich an die romanischen Jerusalemsleuchter angelehnt. Der Raum, ein Oktogon mit Zentralkuppel und Fresken, die mit vermutlich zwölf Engeln in Medaillons und Christus in der Mitte (wie später deutlicher in Gurk) bereits auf die himmlische Sphäre verweist. Der Leuchter führt den Jeruslaemsgedanken fort, indem er die weißen Glühbirnen so vor die Tore der Stadt setzte, dass sie wie Perlen aussehen. Es sind Perlentore, die tatsächlich leuchten. Katzgraber hat sie asymmetrisch über den Reif verteilt, sie können, anders als bei dem romanischen Vorbild, in der Richtung geändert werden.
Friedrich Schragl: Wieselburg an der Erlauf. Pfarrkirche zum heiligen Ulrich, St. Pölten 1976.
Hertha Ladenbauer-Orel: Die Kirche in Wieselburg an der Erlauf, in: Der Hl. Wolfgang in Geschichte, Kunst und Kult, 1976, S. 29-34.
Stadtpfarrkirche zum hl. Ulrich, Wieselburg Salzburg 2013 (Christliche Kunststätten Österreichs, 547).
Zum Künstler:
Franz Katzgraber wurde im Jahr 1926 in Lichtenwörth in der Nähe der Wieder Neustadt geboren. Nach seiner Schulausbildung studierte er von 1952 bis 1956 an der Akademie der bildenden Künste in Wien, unter anderem bei Fritz Wotruba. 1965 erhielt Katzgraber den Förderungspreis des Landes Niederösterreich, 1968 beteiligte er sich erstmals am Bildhauersymposion in Lindabrunn, 1974 gewann er den ersten Preis der Stadt Wien für die Genossenschaft der bildenden Künstler. Mit seinen Objekten war der Bildhauer an zahlreichen Ausstellungen beteiligt; auch im öffentlichen Raum finden sich Plastiken Katzgrabers. 1998 ist der Künstler verstorben.