Die folgende Farbzeichnung ist signiert und datiert: „M. Mink-Born 1927“. Es ist eine frühe Auftragsarbeit der Malerin Mate Mink-Born (1882-1969). Angefertigt wurde sie für die römisch-katholische Missionszeitschrift „Stadt Gottes“, die ja, ihrem Namen entsprechend, öfters Abbildungen des Himmlischen Jerusalem präsentierte. Soweit ich sehe, ist es einer der ersten künstlerischen Beiträge einer Frau seitens der römisch-katholischen Kirche in einem offiziellen Organ zu diesem Thema überhaupt. Mink-Born war in Düsseldorf und Berlin von bedeutenden Meistern in der Malerei ausgebildet worden; sie gestaltete 1922 den Kirchenpavillon auf der Deutschen Gewerbeschau in München, sie schuf zahlreiche biblische Kunstdrucke für den pädagogischen Gebrauch und Buchillustrationen auch mit profanen Themen. Eine Biographie dieser vielseitigen Künstlerin, die auch ihr sakrales Werk berücksichtigen müsste, existiert leider noch nicht.
Gedruckt wurde die Zeichnung im Oktoberheft 1927 der „Stadt Gottes“, einmal einfarbig unter dem Titel „St. Johannes auf Patmos“ und einmal koloriert unter dem Titel „St. Johannes“. Der Seher Johannes ist wie ein alttestamentarischer Prophet oder Moses dargestellt, der in ein Buch das niederschreibt, was er fest im Blick hat: das Himmlische Jerusalem oben links. Hier reihen sich wenige helle Kuppelbauten aneinander, die jeweils ein offenes Tor haben. Die Bauten ergeben eine horizontale Linie und kommen ohne Stadtmauer aus – eine solche Darstellungsweise war damals üblich, man findet sie auch in „Bible Readings for the Home Circle“ (1923) oder in „Our Paradise Home“ (ebenfalls 1923). Hier stehen die Engel nicht in diesen Toren, sondern als Lichtgestalten auf den jeweiligen Kuppeln. Von den Kuppeln strahlt das Licht wie Blitze oder Scheinwerfer nach außen, wo allein unterschiedliche Blautöne vorherrschen.
Biblische Anschauungsbilder nach Gemälden von Mate Mink-Born, München, um 1931.