Zahlreiche frühgotische Wandfresken befinden sich in der römisch-katholischen Kirche Saint Julien in Brioude im Département Haute-Loire in der Region Auvergne. Dafür ist die Kirche unter Kunsthistorikern bekannt. Weniger bekannt ist ein rustikales Fresko mit den Symbolen Mariens gemäß der Lauretanischen Litanei, welches auf die Zeit zwischen 1500 und 1525 datiert wird, als dieses Thema in Frankreich modern geworden war. Die Malereien wurden vermutlich von einheimischen Malern ausgeführt, nach Einfluss der Holzschnitte von Antoine Vérard (aktiv 1485-1512). Heute dürften es die ältesten Wandmalereien der Lauretanischen Litanei sein, entstanden noch vor denen in Saint Michel in Montaner.
Links der Marienfigur befindet sich das Himmelstor, bei dem, wie bei einem mittelalterlichen Stadttor, die Pforte von zwei Seitentürmen gerahmt ist. Möglicherweise waren in die Pforte Personen eingezeichnet gewesen, die gerade die rettende Stadt erreicht haben. Das lateinische Schriftband unter dem Symbol hat sich nicht erhalten.
Rechts zu Seiten Mariens ist die Civitas Dei abgebildet. Hier sind zahlreiche Türme mit roten Zeltdächern so aneinander gereiht, dass sie eine Art Mauer ergeben. Rechts, vor einem etwas massiveren Turm, befand sich der Zugang in die Gottesstadt. In diesem Fall hat sich das lateinische Schriftband gut erhalten, es befindet sich über, nicht unter der Stadt.
Beide Symbole sind mit einer bläulichen Farbe aufgemalt, ähnlich wie auf den zeitgleich entstandenen Fresken von Saint-Révérien in Burgund. Im Verhältnis zu dem Rest der erst im Jahr 1991 in Brioude entdeckten und freigelegten Malerei haben sich die beiden Mariensymbole noch relativ gut erhalten, wenngleich sie auch nicht vergleichbar mit den prächtigen frühgotischen Meisterwerken sind, die man ansonsten hier findet.
Anne Courtillé, Martin de Framond, Jacques Porte: Brioude et la basilique Saint-Julien, Nonette 2004.
Cl. Ressort: Une scène de l’Apocalypse à Saint-Julien de Brioude, in: Almanach de Brioude, 45, 1965, S. 81-83.
Claus Bernet: Die Frühe Neuzeit. Eine Hoch-Zeit der Jerusalemskultur, Norderstedt 2016 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 5,2).
