Ungewöhnliche feingliedrige und hochwertige Zeichnungen bringt diese englische Neuausgabe von „Pilgrim’s Progress“ des Jahres 1775. Bereits das Frontispiz zeigt dem Leser eine grimmig dreinschauende Sonne über dem Tor. Dieses ist mit zwei Kugelaufsätzen verziert. An den Seiten laufen die Mauern steil nach hinten, wodurch die Größe der Anlage verdeutlicht wird. In der Konzeption ist das Bild immer noch dem Kupferstich der Originalausgabe von 1678 ähnlich, wenngleich die Einzelheiten hier viel ausdifferenzierter und feiner gezeichnet sind und eher an einer Ausgabe von 1763 angelehnt sind. Der Pilger liest 1775 nicht in einem Buch, sondern müht sich schwer beladen mit Hilfe eines Stocks auf den Weg nach oben. In seiner Richtung erwartet ihn bereits ein Engel mit mächtigen, aufwärts gerichteten Flügeln.
Zwischen den Seiten 12 und 13 der 1775er-Ausgabe präsentiert sich eine Himmelspforte in Nahsicht, die neben spätbarocken bereits frühklassizistische Stilelemente zeigt. Geschmückt ist sie mit zwei Vasen, worauf auf die damals kostbaren Porzellan-Vasen angespielt ist. Die Pilaster zeigen Schmuckbänder mit Blumengirlanden und Engelsköpfen, während die Wand der Teufelspforte links ungeschmückt ist. Diese ist mittelalterlich gehalten, eine Stilepoche, die man um 1770 als überholt empfand – damals entstand die Legende des „dunklen Mittelalters“. Noch immer scheint es sich um den gleichen Pilger zu handeln, der hier ohne Hut jünger wirkt.
Der Künstler dieser Ausgabe war Edward Malpas (1752 – um 1804) aus London. Seine Mitarbeit ist nachgewiesen bei Werken wie „A book of ceilings, composed in the style of the antique grotesque“ (1776), George Richardsons „Iconology; or, A collection of emblematical figures“ (1779) oder „Voyage du jeune anacharsis en Grèce“ (1796), die alle in London erschienen. Um 1804 ist Malpas in Hackney, damals ein Vorort von London, verstorben.