Die Kapelle Saint-André im Kanton Monêtier-les-Bains im Département Hautes-Alpes ist mit monumentalen Wandmalereien ausgestattet. Die westliche Mauerseite zeigt auf siebeneinhalb Metern das Himmlische Jerusalem. Die grauen Mauern der Gottesstadt ziehen sich über eine gesamte Wandseite. Die Stadt scheint sich über oder hinter dem Wasser zu befinden, auf dem Enten schwimmen, was die Illusion von Wasser erhöhen soll. Mehrere niedrige Türme strukturieren die ungeschmückten, grauen und kahlen Mauersegmente. Über mehrere Fenster und Tore kann der Betrachter immer wieder einen Blick auf das Stadtinnere werfen. Er sieht vor allem Bewohner der Stadt, die noch nackt umherlaufen. Dazwischen findet man auch Engel mit fahnengeschmückten Posaunen. Während das Fenster der Bewohner ohne Laibung und völlig ungeschmückt ist, werden die Engel hinter einem kunstvollen Maßwerkfenster der Hochgotik präsentiert. Selbstverständlich sind diese Figuren auch mit farbigen Gewändern bekleidet. Links, in roter Farbe deutlich hervorgehoben, befindet sich ein kleiner Zugang mit einer schmalen Rampe. Davor drängeln sich mehrere Nackte, um an Petrus vorbei in die Stadt zu gelangen.
Eine weitere Besonderheit ist in der Wandmitte in Höhe der Fenster zu entdecken. Nach einer Reihe von gemalten Fenstern findet sich ein echtes Fenster: ein mittelalterliches Trompe-l’oeil unter geänderten Vorzeichen. Nicht die Malerei täuscht Wirklichkeit vor, sondern die Realität wird in eine geistige Welt einbezogen.
Die Freskenmalereien aus dem 14. Jahrhundert verweisen auf italienische Einflüsse. Vielleicht wurden sie von Wandermönchen aus dem Süden angefertigt, die auch in Notre-Dame des Fontaines arbeiteten. Zur Zeit der Bemalung gehörte der Ort zu Savoyen, die Fahne des Herzogtums findet sich rechts über dem dritten Turm. 1793 wurde die Kirche in ein französisches Nationalgut umgewandelt und als Speicher genutzt; heute ist der Bau für Besichtigungen zugänglich.