Fresken der St. Johannis-Kirche in Holzhausen (um 1560)

Der Begriff „naive Kunst“ ist ähnlich umstritten wie der der Volkskunst, doch selten passt er so gut wie zu den Malereien in der Dorfkirche zu Holzhausen. Die dargestellte Architektur der Wandmalereien wie die Gesichtszüge der Personen tragen eben naive Ausdrucksformen; hier sollte den Bauern und Tagelöhnern keine große Kunst vorgeführt werden, sondern eine verarmte Gemeinde leistete sich mit bestmöglichen Mitteln eine bescheidene Bemalung ihrer Kirche, ausgeführt nicht von akademischen Meistern, sondern von lokalen Handwerkern, die sich an der Umgebung orientierten, etwa den Fresken in Zierenberg oder in Rückershausen.
Diese bislang kunsthistorisch unbeachtete Kirche befindet sich abgelegen in Holzhausen, einem kleinen Ort inmitten des Reinhardswalds. Heute ist Holzhausen ein Stadtteil von Immenhausen im Landkreis Kassel. Die romanische St. Johannis-Kirche wird um 1020 entstanden sein, die Wandmalereien des Weltgerichts dürften von 1560 stammen, als vielerorts die Schäden des Dreißigjährigen Krieges schnell zu beseitigen waren.
Im Zentrum der Darstellung steht eine Petrusfigur, die in der einen Hand einen Schlüssel hält und mit der anderen am Griff zur Tür in das Himmlische Jerusalem zieht. Neben Petrus steht ein Engel, der mit offenen Armen die ankommenden zukünftigen Bewohner der Gottesstadt empfängt. Über ihm schwebt eine weibliche Heilige auf einer Wolke. Alle diese Figuren sind mit nur wenigen Strichen skizziert und zurückhaltend koloriert. Gelbe oder rote Farbpartien wurden dabei in primitiver Art aufgetragen.
Die himmlische Stadt ist in drei Zonen unterteilt: Unten, bis etwa zu den Füßen der Petrusfigur, schichtet sich die Quaderung des Fundaments. Die Mittelzone ist Türen und Fenstern in unterschiedlicher Form vorbehalten. Über dem Kopf von Petrus erhebt sich die Dachzone mit mindestens drei deutlich voneinander abgesetzten Türmen. Somit erscheint die Gottesstadt dem Betrachter von außen in der klassischen Dreiteilung eines riesigen Gebäudes. Wie sie innen gestaltet ist, vermag man nicht zu erkennen, denn weder Tür noch Fenster gestatten Durch- oder Einblicke.

Wilhelm A. Eckhardt: Das Reichsdorf Holzhausen, in: Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde, 92, 1987, S. 155-170.
Holzhausen – Reinhardswald, in: Sigrid Kupetz: 900 Jahre Wandmalereien, Gewölbemalereien und Brüstungsmalereien in deutschen Kirchen und Klöstern, Bad Karlshafen 2008, S. 286-291.

 

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