
Die Kirche der oberhessischen Kleinstadt Zierenberg unweit von Kassel ist umfassend mit Kalkseccomalereien aus dem 14. und 15. Jh. versehen, die vermutlich im frühen 17. Jh. im Zuge des Bildersturms unter Landgraf Moritz dem Gelehrten übertüncht wurden. Im Jahr 1934 wurden sie wieder freigelegt, danach von 1958 bis 1961 und zuletzt von 1997 bis 2006 restauriert. Drei Mal ist auf diesen Malereien das Weltgericht dargestellt, was ich so aus keiner anderen Freskomalerei kenne – ein einziges Mal jedoch nur das Himmlische Jerusalem.
Im Langhaus ist an der südlichen Seite auf Höhe der Empore ein Weltgericht dargestellt. Diese Malerei kann auf etwa 1488 datiert werden. An der linken Seite hat sich das Neue Jerusalem in den Zwickel einer Gewölberippe gezwängt, selbstverständlich mit Petrus auf einem vorgelagerten Sockel, seinem Himmelsschlüssel und einer kleinen Schar Geretteter, die sich hinter einer übergroßen Marienfigur gestellt hat. Die Architektur in einheitlichem Grau ähnelt heute einer Burg, war aber einst einer Kirche nachgebildet, deren Turm sich nicht erhalten hat, sondern frei rekonstruiert wurde. Auch die heutige Farbgebung in einem einheitlichen Rot entspricht auf keinem Fall dem historischen Bestand, ist aber eine gute Lösung, den zeichnerischen Charakter der Motive erlebbar zu machen. Während der Gottesdienste war er es vor allem dieses Weltgericht, welches der Gemeinde vor Augen stand, während der Priester während des Gottesdienst ein anderes Weltgericht im Chorbereich vor sich hatte.
Die Zierenberger Stadtkirche und ihre mittelalterlichen Wandmalereien, Stuttgart 2011.