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Unbekannter Verfasser: Protestantenkritisches Flugblatt (1657)

Im Jahre 1657 erschien in der protestantischen Hochburg Amsterdam ein fremdenfeindliches Flugblatt zum Thema der protestantischen Flüchtlinge. Diese, so suggeriert das Flugblatt, würden vor allem die Niederlande ansteuern, das ihnen wie ein neues Jerusalem erscheinen müsste. Doch schon der ironische Titel „Plaat voor Den nieuwen speculatieven Tour de la mode“ zeigt, dass auch in den Niederlanden die Religionskämpfe tobten. Der Kupferstich aus dem altehrwürdigen Amsterdamer Reichsmuseum zeigt insgesamt verschiedene Szenen von Erlebnissen dieser Religionsflüchtlinge: Kutschfahrten, Predigten im Freien, Folterungen. Die anvisierte Stadt ist in dem obigen Ausschnitt des insgesamt 19 x 29 Zentimeter großen Blattes deutlich zu sehen.
Diese Himmelsstadt auf der Anhöhe erreichen aber nur wenige Fromme, die den schmalen Weg rechts außen bestreiten. Dort verrät der Buchstabe „K“ um was es sich handelt: „Den smallen wegh die tot hemels Ierusalem leyt“. In dieses Jerusalem gelangen offensichtlich nur Katholiken auf einem Fußweg, der bei einer Kirche im Tal beginnt. Der Weg ist beschwerlich und mit vielerlei Kreuzen gespickt, wie es seit Heemskerck (1571) üblich ist. Die Protestanten hingegen fahren auf diesem Zweiwegebild mit ihren bequemen Kutschen direkt in die Hölle (oben rechts, hier nicht zu sehen). Wie sieht nun ein katholisches Neues Jerusalem, von dem wir leider den Entwerfer nicht kennen, aus? Es muss jedenfalls ein Könner gewesen sein; die Zeichnungen sind akkurat und handwerklich überzeugend. Ganz links scheint der Zugang zu sein, hier erleichtern Treppen den Weg. Ein Engel auf dem Torturm begrüßt die Ankommenden. Hinter ihm fallen vor allem zwei Rundbauten mit spitzen kunstvollen Dächern auf. Sakralbauten scheinen es nicht zu sein, vielleicht Fantasiebauten für einen angenehmen luxuriösen Lebenswandel in der Ewigkeit?

Frederik Muller: Nederlandse historieplaten, Amsterdam 1970.

 

tags: Kupferstich, Niederlande, Amsterdam, Zweiwegebild
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