Jan Micker (1600-1664): Gemälde „Der Breite und Schmale Weg“ (um 1640) sowie Varianten (um 1640, 1650-1700)
Während der Nadere Reformatie, der zweiten Reformation in den Niederlanden von etwa 1600 bis 1750, suchten Theologen wie Willem Teellinck (1579-1629), Gisbertus Voetius (1589-1676) oder Wilhelmus à Brakel (1635-1711) nach einem Sinnbild, das die Suche nach einem frommen Leben eindrücklich ins Bild setzen könnte. Keinem Motiv ist das im 17. Jahrhundert deutlicher gelungen als dem des „brede en smalle weg“, also das des „Breiten und Schmalen Wegs“. Dieses Zweiwegebild war das religiöse Bild der Niederlande.
Als herausragendes Werk dieser Gattung gilt die Fassung von Jan Christiansz Micker (1600-1664) aus dem Nationalmuseum Warschau. Sie ist um 1640 entstanden und zeigt das bunte Treiben einer idealen Renaissancestadt, welche jedoch vom Tod auf einer Balustrade beherrscht und dirigiert wird. Dem Tod gegenübergesetzt ist das Himmlische Jerusalem auf der Spitze eines Kegelberges zu sehen, zu dem durch eine enge Pforte nur wenige Gläubige den mühsamen Weg nach oben wagen. Sie müssen Kreuze tragen, wie es seit Maarten van Heemskerck Tradition ist.
Das Gemälde war überaus populär. Eine zweite Fassung wurde mehrfach auf europäischen Auktionen angeboten (Van Ham 2010, Dorotheum Wien 2014). Ich bezeichne sie als desakralisiert, denn auf ihr wurde sowohl der Tod herausgenommen als auch die Zeichnung des Himmlischen Jerusalem gelöscht und durch einen goldgelben Lichtfleck ohne Inhalt ersetzt. Alle übrigen Details sind wie auf dem Original belassen. Die Kopie wurde von den Auktionatoren mit „um 1640“ angegeben.
Es hat sich sogar eine dritte Fassung nach Jan Christiansz Micker im Museum Catharijneconvent in Utrecht erhalten (Inventarnummer BMH S511). Diese wurde von einem professionellen Kopisten zwischen 1650 und 1700 angefertigt, anscheinend unter Zeitdruck, denn viele Details wurden weggelassen. Das, was übernommen wurde, hat der Kopist grob und vereinfacht wiedergegeben. Hier findet man eine etwas andere Jerusalems-Architektur in der Gloriole. Sie besteht nun aus drei aneinander gesetzte Bauten, wovon der mittige ein Tor darstellen soll.
Ilja M. Veldman: Maarten van Heemskerck and Dutch humanism in the sixteenth century, Maarssen 1977.
Robert Zijp: De brede en smalle weg, een alternatief door de eeuwen heen, in: Vroomheid per dozijn, Utrecht 1982, S. 35-42.
Jeltje Dijkstra, Paul Dirkse, Anneloes Smits: De schilderijen van Museum Catharijneconvent, Zwolle 2002.
Caecilie Weissert: Malerei und Künstler-virtus in den Niederlanden des 16. Jahrhunderts, in: Jan de Jong, Dulcia Meijers (Hrsg.): Virtus. virtuositeit en kunstliefhebbers in de Nederlanden, 1500-1700, Zwolle 2004, S. 26-59.