Rudolf Yelin (1902-1991): Altarwand der Georgskirche von Enzberg (1963)

Wer als Gottesdienstbesucher in der Georgskirche in Enzberg, einem Stadtteil von Mühlacker im nordöstlichen Baden-Württemberg, Platz nimmt, dessen Blicke werden von der großen Altarwand in Anspruch genommen. Diese Wand begrenzt das Kirchenschiff nach Osten hin. Sie ist von Rudolf Yelin dem Jüngeren (1902-1991) gestaltet worden und eines seiner bemerkenswertesten Werke. Yelin hat im Laufe seines Schaffens das Himmlische Jerusalem mehrfach thematisch aufgegriffen, meist auf Buntglasfenstern. In der ersten Hälfte der 1960er Jahre hat er im Jahresrhythmus Wandgestaltungen mit diesem Motiv ausgestattet: Zunächst 1961 das Altarbild Stadtkirche Altensteig, 1962 das Chorbild in der Kirche von Spaichingen (Verlust), 1963 das hier besprochene Werk, 1964 ein Fresko der Kirche in Pflummern. Alle diese Arbeiten sind in Baden-Württemberg entstanden, wo Yelin gut vernetzt war.

1962/63 wurde die Enzberger Georgskirche umfassend renoviert. Die Initiative ging aus von einem jungen Pfarrer, der sich eine moderne und, nach seiner Aussage, „städtische“ Kirche wünschte. Nach langer und hitziger Diskussion entschied man sich, die gesamte historische Ausstattung aus dem Jahre 1832 zu entfernen und dem Bau den Eindruck eines kompletten Neubaus zu verleihen. Ursprünglich war vorgesehen, dass Yelin die Kirchenfenster gestalten sollte, was sich aus Kostengründen nicht umsetzen ließ, da die baulichen Maßnahmen einen Großteil der zur Verfügung stehenden Summe verschlungen hatten. So beauftragte der Kirchengemeinderat den Künstler, zwei der Fensterentwürfe für die neue Altarwand umzuarbeiten. Das so entstandene Gesamtwerk hat drei Teile: Schöpfung (links), Erlösung (Mitte) und Vollendung. Rechts von der Altarwand befindet sich, wegen der Monochromie und ungünstiger Lichtverhältnisse kaum zu erkennen, das feingliedrige Hochrelief „Vollendung“. Yelin hat neben Rechtecken, die an Fensterscheiben erinnern, hier vor allem die Umrisse von zwölf Toren zur Darstellung gebracht. Sie ziehen sich eng gestaffelt vom Boden der Kirche bis fast an die Decke und betonen vornehmlich die Vertikale. Die Umrisse wurden in den frischen Putz geritzt und sind farblich nicht hervorgehoben, sondern haben den gleichen Weißton wie die übrigen Wandpartien der Kirche.

Hans Fegers: Rudolf Yelin der Jüngere, in: Reutlinger Geschichtsblätter, 22, 1983, S. 7-10.
Rudolf Yelin: Erinnerungen um das großelterliche Haus in Reutlingen, in: Reutlinger G
Claus Bernet: Das Himmlische Jerusalem in Deutschland, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 27).

 

tags: Rudolf Yelin, monochrom, Württemberg, Chor, Stuck
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