Maria Immaculata aus Nordfrankreich (um 1526)

In Brüssel befindet sich das sogenannte „Hallentor“, ein mittelalterlich befestigtes Stadttor und der letzte Überrest der einstigen zweiten Stadtmauer der Handelsmetropole. Das Hallentor ist heute ein Teil der Königlichen Museen für Kunst und Geschichte und beherbergt Kunstgegenstände aus dem Mittelalter. Unter den Ausstellungsstücken befindet sich auch eine Maria-Immaculata-Darstellung. Das Ölgemälde eines namentlich nicht bekannten Malers entstand im nördlichen Frankreich um 1526. Einst gehörte es möglicherweise zu einem Retabel einer Kirche oder eines Klosters.
Links vom Kopf der stehenden Marienfigur wurde eine Himmelspforte angebracht, als Porta Clausa lateinisch beschrieben. Es handelt sich um einen fast quadratischen Block, dessen Seitenteilen jeweils ein gedrungener Segmentgiebel aufgesetzt ist. Dazwischen trägt das Dach der eigentlichen Pforte zahlreiche Giebelchen als Schmuckelemente, wie man sie eigentlich aus dem orthodoxen Sakralbau kennt. Leider ist die Pforte sehr abgedunkelt, daher verschwinden die Binnenzeichnungen der Fenster und Türen, die noch gotische Bauformen zeigen.
Zu Füßen Mariens ist eine Gottesstadt positioniert, als Civitas Dei lateinisch beschrieben. Sie ist ungewöhnlich detailreich mit zahlreichen Türmchen und Kuppeln ausgestattet. Vorne rechts sticht das Haupttor mit hochgezogenem Fallgitter hervor, überwölbt mit einer Schmuckgirlande. Auffällig: Eine Stadtmauer wurde hier nicht vorgesehen.
Für die frühneuzeitliche Immaculata-Konzeption, die Ende des 15. Jahrhunderts in Frankreich entstanden war und schnell beliebt wurde, ist es eines der frühesten erhaltenen Beispiele als Ölmalerei. Ältere Beispiele kennen wir bislang nur aus Artajona und aus Ligurien, schon wenige Jahre später konnte eine Maria Immaculata aus Frankreich ganz anders aussehen, wie es eine anonyme Malerei von 1641 zeigt.

 

Beitragsbild: Sam.Donvil, Mary retabel (7) detail of Mother Mary and symbols referring to the immaculate conception, CC BY-SA 4.0

tags: Civitas Dei, Porta Coeli, Maria Immaculata, Belgien, Brüssel, Frankreich
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