William Blake (1757-1827): Pilgrim‘s Progress, Ausgabe 1824

1824 schuf der englische Altmeister William Blake (1757-1827) fünf Wasserfarbzeichnungen zum Himmlischen Jerusalem, im Rahmen seiner Beschäftigung mit dem Buch Pilgrim’s Progress von John Bunyan. Sie gelten als eine der letzten Arbeiten von Blake am Ende eines überreichen Schaffens. Sein Einfluss auf zukünftige Darstellungsweisen im Buchdruck kann gar nicht unterschätzt werden, mit den bisherigen Illustrationen zu Pilgrim’s Progress brechen sie radikal. Blake war dem Zeitgeschmack weit voraus, manche sehen bereits Anklänge an den Jugendstil oder die Moderne. Die Kunstwerke waren einst im Besitz von Frederick Tatham (1805-1878), dann Teil der Frick-Collection und wurden 1996 in London vom Auktionshaus Sotheby’s versteigert.

Die erste zurückhaltend kolorierte Zeichnung mit der Größe 18 x 13 Zentimeter hat den redundanten Titel „John Bunyan dreams a dream“ („John Bunyan träumt einen Traum“). Sie ist im Aufbau eng an die frühen Illustrationen aus Pilgrim’s Progress aus dem 17. Jahrhundert angelehnt, wie bei der einfachen, schwach eingezeichneten Himmelspforte auf der linken Seite, neben der sich der Pilger gedrungen nach rechts bewegt. Freilich setzt der malerische Stil Blakes, der an der Romantik geschult ist, ganz andere Impulse als die zeichnerischen Vorbilder zweihundert Jahre zuvor.

„Christian in the slough of despond“ („Christian im Sumpf der Verzweiflung“) zeigt den Pilger möglicherweise gleich zweimal: Einmal links wie er unter der Last des Gepäcks fast versinkt, und rechts, wie er gerade das rettende Ufer verlässt. Damit soll gesagt sein, dass man die Rettung nur erlangt, wenn man sich von irdischen Belastungen trennt. Die im Hintergrund sich noch schwach abzeichnende Stadt markiert bereits erste Bauten des Neuen Jerusalem. Die Zeichnung hat eine Größe von 18 x 13 Zentimeter.

„Christian knocks at the wicket gate“ („Christian klopft an die Pforte“) ist der Szene vorbehalten, an der der Pilger an der Himmelspforte ankommt. William Blake hat ein spitzbogiges Tor in Mandorla-Form gezeichnet, mit einem Haltegriff zum Klopfen, an welchen sich der Pilger erschöpft klammert – Blake war ein Meister dramatischer Stimmung. Die Größe dieser Zeichnung ist 19 x 12 Zentimeter.

Die Szene an der Himmelspforte ist auch Thema der folgenden Abbildung: „The gate is opened by Goodwill“ („Das Tor wird von Goodwill geöffnet“). Ein Heiliger hat die Pforte geöffnet und den erschöpften Pilger in den Arm genommen. Mit seinem langen Bart, gütigem Blick und Heiligenschein denkt man sogleich an Gottvater. Die Pforte ist mit einem Rahmenfries geschmückt, der aufstrebende Seelen zeigt. Es ist die gleiche Pforte wie zuvor, die nun jedoch geöffnet ist. Auch diese Zeichnung ist 19 x 12 Zentimeter groß.

Die letzte Zeichnung mit einem Neuen-Jerusalems-Motiv lautet „Christian and Hopeful at the Gates of Heaven“ („Christian und sein Begleiter Hoffnung am Himmelstor“) und hat die Größe 19 x 14 Zentimeter. Auf dem Bild ist das Neue Jerusalem ganz oben zu erkennen, wo sich mehrere Zacken zu einem Fries aneinanderreihen: die Silhouette der Stadt. Auch hier stehen die Figuren im Zentrum, die Architektur ist Beiwerk.

Water colours by William Blake for Bunyan’s The Pilgrim’s Progress, Cleveland 1941.
James T. Wills: An additional drawing for Blake’s Bunyan series, in: Blake Newsletter, 6, 1972/73, S. 63-67.
Gerald E. Bentley: The inscriptions on Blake’s designs to ‚Pilgrim’s Progress‘, in: Blake Newsletter, 6, 1972/73, S. 68-70.
Martin Butlin: The paintings and drawings of William Blake, New Haven1981.
Sotheby’s (Hrsg.): Eighteenth and Nineteenth century British drawings and watercolours, London 1996. 

 

tags: William Blake, Romantik, England, Himmelspforte, John Bunyan, Pilgrim's Progress
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