In der Kölner Diözesan- und Dombibliothek wird der wertvolle Codex 1117 aufbewahrt. Dabei handelt es sich um ein lateinisches Stundenbuch des niederländischen Theologen und Bußpredigers Gerardus Magnus. Dieser lebte von 1340 bis 1384, das Stundenbuch erschien um 1480 gut einhundert Jahre nach seinem Tod und gehört bereits in den Kontext der Vorreformation. Hergestellt wurde es in den nördlichen Niederlanden, unter Beteiligung des sog. „Masters of the Dark Eyes/Schwarzaugemeisters“, oder möglicherweise auch in Köln für die damalige Benediktinerabtei Groß St. Martin.
Fol. 124v präsentiert uns eine Weltgerichtsszene mit einem Himmlichen Jerusalem als verzierter Torturm an der linken Seite. Das einheitliche Graublau des Bauwerks wird nur durch das Gold durchbrochen, welches aus dem Inneren der offenen Architektur hervorleuchtet. Ungewöhnlich ist die gedrungene Kuppel und die geringe Höhe des Baus, der selbst von einigen Geretteten an der linken Seite überragt wird. Dort empfängt Petrus in blauer und roter Ummantelung einige Gerettete und dieses Detail verrät viel, wie die Kirche sich die Hierarchie vorstellte: Kirchenvertreter sind in prächtige Gewänder gehüllt, Gemeindemitglieder nackt und arm, die müssen vor den Autoritäten niederknien. Überhöht wird Jerusalem hier von Maria und ihrem blauen Sternenmantel, welches auf das schon in der Spätantike zu findende Motiv der Schutzmantelmadonna zurückgeht, das um diese Zeit immer wieder in Verbindung mit dem Himmlischen Jerusalem auftaucht.
Ulrich Haussmann: Codex 1117 der Diözesan- und Dombibliothek zu Köln, Köln 1998.
Klara H. Broekhuijsen: The masters of the dark eyes. Late medieval manuscript painting in Holland, Turnhout 2009.
Claus Bernet: Große Künstler, großartige Kunst, Norderstedt 2020 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 48).
Beitragsbild: Erzbisch. Diözesan- und Dombibliothek, Kn28-1117 124v, CC BY 4.0