Flugblatt von Johann Bussemacher (1609)

Das Himmlische Jerusalem ist ein Ausschnitt oben links aus einem Kölner Flugblatt, datiert auf 1609. Es ist ein insgesamt 29 x 21 Zentimeter großes Werk von Johann Bussemacher (gest. 1613), der hier auch als Verleger in Köln fungierte. Thema des Blattes ist der Lebensweg und die scheinbar freie Entscheidung des Menschen, den richtigen oder falschen Weg einzuschlagen. Der Mensch ist bei Bussemacher ein geistlicher Kämpfer (miles Christianus), der von der personifizierten Sünde bedrängt wird (diese sieht man in dem Ausschnitt noch unten rechts). Sein Leben ist ein ständiger Kampf gegen die Sünde, den Teufel und den Tod, bis er, im besten Falle, in das Himmlische Jerusalem einziehen kann. Vor die Stadt mit den zwölf Toren ist ein zusätzliches Haupttor gesetzt, das alle Jerusalemspilger passieren müssen. Die Stadt ist durchaus modern dargestellt und verrät Kenntnis der Fassung „Vitam Aeternam“ (um 1590) des Marten (Martin) de Vos, der im katholischen Raum beliebten Jerusalems-Darstellung. Bei Bussemacher ist das Jerusalem jedoch nur schwach im Hintergrund angedeutet, die Bauten im Stadtinneren sind wenig ausdifferenziert.

Josef Benzing: Der Kupferstecher, Kunstdrucker und Verleger Johann Bussemacher zu Köln, 1580? bis 1616?, in: Kurt Ohly, Werner Krieg (Hrsg.): Aus der Welt des Bibliothekars, Köln 1961, S. 129-146.
Andreas Wang: Der ‚miles Christianus’ im 16. und 17. Jahrhundert und seine mittelalterliche Tradition, Bern 1975.
Wolfgang Harms, Michael Schilling (Hrsg.): Deutsche illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts, 3, Tübingen 1989.
Bernadette Schöller: Kölner Druckgraphik der Gegenreformation, Köln 1992. 

 

Bussemachers Kupferstich mit dem Neuen Jerusalem wurde ausgerechnet von seinem Konkurrenten Hieronymus Wierix (1553-1619) kopiert. Diese Variante von etwa 1609 ist im Großen und Ganzen unverändert (Gesamtgröße 9 x 7 Zentimeter), auch die Beschriftungen wurden unverändert übernommen. Wierix hat seinen präzise gearbeiteten Stich jedoch etwas sakralisiert, indem auf den Zionsberg ein Lamm mit einem lateinischen Kreuz als Siegeszeichen gesetzt wurde.

 

Dieser undatierte Stich (Gesamtgröße 40 x 30 Zentimeter) ist eng an Bussemacher angelehnt und dürfte zur gleichen Zeit entstanden sein, mglw. sogar noch vor der Arbeit Bussemachers – wer sich hier an wem orientierte, kann nicht mit letzter Sicherheit entschieden werden. Überschrieben ist die Stadt hier in hebräischen Schriftzügen mit dem Namen „יהו‎/Jahwe“, was in eine mächtige Gloriole gesetzt wurde (vgl. dazu den Kupferstich von Christoph Murer). Es handelt sich nicht um spätere Zutaten, sondern um eine komplett neue Druckplatte, signiert von Hieronymus Wierix.

Jan van der Stock, Marjolein Leesberg (Hrsg.): The Wierix family, 8, Rotterdam 2004. 

 

tags: Kupferstich, Renaissance, Vitam Aeternam, Zweiwegebild, Hieronymus Wierix
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