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Hans Holbein: Zwinglibibel (ab 1523/31) und Folgeauflagen

1531 erschien in Zürich eine Bibelausgabe, die auch als „Zwinglibibel“ bekannt ist. Es ist die erste gedruckte Gesamtbibel in deutscher Sprache. Sie enthält 118 Illustrationen zum Alten Testament, während vom Neuen Testament ausschließlich nur die Apokalypse bebildert wurde. Die 21 Bilder dieses Apokalypsezyklus im Format 126 x 77 Millimeter wurden bereits vom Basler Drucker Thomas Wolff für eine Ausgabe von „Das Newe Testament“ von 1523 (fol. CCXXXIXv) gebraucht. Sie stammen von Hans Holbein d. J. (1497 oder 1498 – 1543) aus Basel, der sie in Anlehnung an Bilder der Cranach-Werkstätte und vor allem an Dürer anfertigte, allerdings mit leicht verändertem Bildaufbau. Zwar hatte der Herausgeber Froschauer (auch Froschouer) bei Holbein in Basel einen neuen, etwas größeren Zyklus zur Offenbarung bestellt. Holbein wurde aber mit den Arbeiten bis 1531 nicht fertig, so dass Froschauer für seine Ausgabe von 1531 auf ältere Bildstöcke zurückgreifen musste. Die neue Offenbarungsreihe kam dann erst in der Folioausgabe von 1536 zum Druck.
Dieses Himmlische Jerusalem kann anhand der Museggtürme, der Hofkirche, der Kapellbrücke und des Schwarzenbergs im Hintergrund als das spätmittelalterliche Luzern identifiziert werden, was sicherlich den schweizerischen Lesern dieser Bibelausgabe schmeichelte. Der Holzschnitt wurde schnell populär und erreichte innerhalb der reformierten Kirche eine weite Verbreitung. In verschiedenen Ausgaben wurde er immer wieder leicht verändert kopiert, allerdings nicht immer zu seinem Vorteil. Er wurde zur frühneuzeitlichen Massenware.

Johann Conrad Gasser: Vierhundert Jahre Zwingli-Bibel, 1524-1924, Zürich 1924.
Hans Rudolf Lavater: Die Zürcher Bibel 1524 bis heute, in: Urs Joerg, David Marc Hoffmann (Hrsg.): Die Bibel in der Schweiz. Ursprung und Geschichte, Basel 1997.
Claus Bernet, Klaus-Peter Hertzsch: Martin Luther in seiner Zeit – und das Himmlische Jerusalem, Norderstedt 2016 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 40). 

 

Variante des Originals aus „Die gantze Bibel“, die 1536 bei Froschauer in Zürich in quadratischer Form erschien (HAB, Bibel-S. 2° 25, fol. CCCXIIv). Von dieser Fassung sind auch kolorierte Varianten bekannt. Es ist erstaunlich (oder ein Versehen), dass hier bereits die Seiten vertauscht wurden. Die Figuren wie auch andere Details wurden schnell aufgezeichnet, mit seiner Haartracht erscheint der Engel etwas altbacken.

 

Eine der preiswerten Kopien aus dem Jahre 1528 aus „New Testament complete“ wurde vermutlich in Antwerpen herausgebracht (Königliche Bibliothek der Niederlande, Den Haag, 231 G 1). Das Himmlische Jerusalem ziert hier die Seite S. 2E2r. Möglicherweise waren die Druckplatten verbraucht, da die Konturen unscharf wirken und Details, vor allem an den Rändern, wegbrechen – ein typisches Merkmal überstrapazierter Druckstöcke. Geradezu dramatisch wirkt der expressive Gesichtsausdruck von Engel und Johannes, dessen Gewand wie ein Schal im Wind weht. Schon 1532 folgte eine Antwerpener Ausgabe „Den Bibel met grooter neerstich eyt gecorrigeert“ mit einem minimal veränderten Schnitt (WLB, Bb niederländ. 1532 02, S. m3v), der dann auch in späteren englischen Ausgaben zu finden ist.

 

Der niederländische Raum, nicht die Schweiz, entwickelte sich schnell zu einem Druckzentrum der Zwinglibibeln. 1535 erschien in Antwerpen eine zurückhaltend kolorierte Ausgabe (Königliche Bibliothek der Niederlande, Den Haag), die 1538 nochmals aufgelegt wurde (Universitätsbibliothek Amsterdam). Diese Fassung kann man stets daran erkennen, dass sich über der Stadt exakt vier Vögel im Quadrat angeordnet finden.

 

1538 erschien bei Henrick Peetersen van Middelburch in Antwerpen das „New Testament complete“ mit völlig abgenutzten Druckstöcken der Ausgabe von 1532 (Amsterdam BVU XC 06338, 1, S. V1v). So sind die Vögel inzwischen zu Sternen verschwommen. Diese Ausgabe ist identisch mit der Ausgabe „Den gheheelen Bibel, Inhoudende het oude ende nieuwe Testament“ (Louvain 1553), wobei der Verleger Anthoni Marie Bergaigne entweder neue Platten kopieren ließ, oder auf noch ältere Druckbögen zurückgreifen konnte.

 

In Guilielmus Montanus’ „Le nouveau Testament“ (Antwerpen 1538, S. Aa6v) griff man auf diesen bewährten Holzschnitt zurück. Diese Fassung findet man ebenso in Jan Batmans „Dat geheel nieuwe Testament“ (Antwerpen 1541, S. Q1r), dann auch in „Dat nieuwe Testament“, Antwerpen 1541, S. Z2r. Später wurden die verbrauchten Druckstöcke nochmals herangezogen zu „Dat nyeuwe Testament ons Heeren Jesu Christi“, Antwerpen 1548, herausgebracht von Henrick Peetersen van Middelburch (Amsterdam UB: 969 C 9, Band 1, S. Ff6v). Dazwischen war auch, mit der gleichen Abbildung bezüglich des Himmlischen Jerusalem, 1544 durch Jacob van Liesvelt (um 1490-1545) die französische Übersetzung „Le nouveau Testament auquel est demonstre Jesu Crist“ herausgebracht worden, ebenfalls in Antwerpen (Antwerpen SB: F 173227, 1, S. Ii1v). Ein bemerkenswertes Detail dieser Druckserie: Der Engel im Stadttor wurde weggelassen.

 

Ein einfachster Holzschnitt aus „Het nieuwe Testament“, erschienen 1545 bei Steven Mierdmans in Antwerpen. Das Himmlische Jerusalem ist an den Rand gedrängt und kaum mehr zu erkennen. Alle charakteristischen Einzelheiten, die es als Luzern erkennen ließen, sind hier weggefallen, die Gegenstände lösen sich tendenziell zu abstrakten Formen auf. Exakt der gleiche Schnitt wurde für „The Image of bothe Churches“ (S. Hhvv) aus dem Jahre 1547/48 (Reprint Amsterdam 1973) von dem englischen Geistlichen John Bale (1495-1563) verwendet, in einem Kommentar zur Apokalypse.

 

Selbst der katholische Raum bediente sich dieses Holzschnitts. Oben wiedergegeben ist die Fassung aus dem „Alt und new Testament“ (Edition 1558, S. CXXVIIv), die der Theologe Johannes Eck (1486-1543) besorgte. Die Gestaltung (Wolken und Pflanzen) ist bereits manieristisch. Vor der Stadt befinden sich nun zwei Tore, beide mit Engeln besetzt. Eines ähnelt dem Kreuztor von Ingolstadt, wo diese Bibel beim Verleger Weissenhorn erschienen ist. Die Stadt wird hier von einem hohen, runden Bauwerk mit Kuppel dominiert, dessen Herkunft nicht geklärt ist. Dieser Holzschnitt wurde auch verwendet für die lateinische Ausgabe „Testamenti Noui“, Editio Vulgata, die Jean Benoit 1565 herausbrachte (WLB, B lat. 156503, S. 396).

 

Selbstverständlich wurden auch weiterhin Ausgaben der Zwinglibibel koloriert, teilweise nachträglich und recht robust ausgeführt. Fast keine Ausgabe war vor „Verschönerungen“ sicher. Es ist nicht möglich, hier alle Handkolorierungen wiederzugeben, zumal letztlich jedes einzelne Blatt ein Unikat ist. Dieses kolorierte Beispiel stammt beispielsweise aus „Den Bibel. Tgeheele Oude ende Nieuwe Testament“ (Antwerpen 1532, S. Q7v).

 

tags: Zürich, Schweiz, Antwerpen, Niederlande, Hans Holbein, Albrecht Dürer, Lukas Cranach, Reformation, Kupferstich, Hans Holbein, Vögel
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