Johannes Baumgartner (1709-1761): „Geistliche Zeug-Hauß“ (1747)

Dass sich von katholischer Seite gerne des Bildes der Gottesstadt als „Gottesburg“, „Gottesfestung“ oder auch „Glaubensburg“ bedient wurde, belegt der Dekan und Priester Franciscus Xaverius Dornn (gest. um 1765) in seiner Schrift „Geistliches Zeug-Hauß Voll Gewehr, und Waffen Zu Bestürmung der Haupt-Festung in Engel-Land Des Himmlischen Jerusalems“. Die Propagandaschrift erschien 1747 in Augsburg.

Der christliche Gläubige ist aufgefordert, durch entsprechende Taten die „Engelsburg“, i. e. das Himmlische Jerusalem, zu erobern. Diese Burg ist aber eher ein schmuckes Schloss, dessen Verteidigung durch Engel gewährleistet ist. Einer von ihnen trägt eine Friedensfahne und bringt eine herbeifliegende Granate auf ihre rechte Bahn. Zusätzlich geschützt ist die Gottesstadt durch Wälle, die das Annähern der Mörser und Kanonen zunächst verhindern. Die „guten Werke“ – das sind hier Kanonenkugeln, die den Zugang zur Stadt freisprengen sollen. Ganz vorne sehen wir einen Priester, der eifrig aus den Mörsern die drei Kardinaltugenden „Glaube“, „Lieb“ und „Hoffnung“ abfeuert. Die weiter hinter liegenden Mörser sind durch Namen wie „Keuschheit“, „Marianisches ABC“, „Gerechtigkeit“, „Beten“, „Fasten“ und „Almosen“ gekennzeichnet. Die Kanonen hingegen setzen die Stadt mit sieben Gebeten unter Druck: „Morgengebet, „Meßgebet“, „Beichtgebet“, „Dreifaltigkeitsgebet“, Passionsgebet“, „Seelengebet“ und „Abendgebet“.
Auch hier findet sich das Pilgermotiv. Zwischen den Felsen führt ein schmaler Weg nach oben in die Gottesstadt. Auf ihm steht geschrieben: „Der Weg ist eng, so zum Himmel firet“ (Matthäusevangelium Kap. 7, Vers 14). Der originelle Kupferstich ist das Frontispiz dieses Buches. Alle Stiche wurden vom Künstler Johannes Baumgartner (1709-1761) entworfen, der vermutlich aus Tirol (Österreich) stammt, ab 1733 in Augsburg arbeitete und als Meister des süddeutschen Rokoko bekannter wurde. Gestochen wurden die Bilder von Simon Thaddäus Sondermayr (1700-1799), der ebenfalls in Augsburg tätig war. Sondermayr hatte wenige Jahre zuvor einen eher klassizistischen Kupferstich des Neuen Jerusalem vorgelegt, der vielleicht als Titelkupfer zum „Geistlichen Zeug-Hauß“ abgelehnt oder zurückgezogen wurde. Sondermayr ist jedoch keinesfalls der Urheber dieses originellen Stiches von 1747, sondern er bzw. Baumgartner kopierte fleißig die Ideen aus Johann Andreas Grafs General-Sturm von 1706.

 

tags: Kupferstich, Gottesburg, Belagerung, Schloss
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