Gabriello di Vante (Attavante degli Attavanti): Weltgericht aus dem Messbuch des Thomas James (1483)

Im Jahr 1483 wurde das lateinische Messbuch von Thomas James (gest. 1504), Diplomat und Bischof von Dol-de-Bretagne, angefertigt. Es befindet sich heute in der Lyoner Stadtbibliothek unter der Signatur MS 5123. Geschaffen hat die Miniaturen Gabriello di Vante, genannt „Attavante degli Attavanti“ (um 1452 – vermutlich 1525), ein Meister der italienischen Hochrenaissance. Er bekam zu dem Werk eigens einen Auftrag aus Rom und führte ihn in seinem Atelier in Florenz (Toskana) aus.

Fol. 203r hat eine Gesamtgröße von 39 x 28 Zentimeter und besticht bereits durch seine leuchtenden, kräftigen Farben. Das Weltgericht ist ein eigenständiges Bild auf der oberen Hälfte des Blattes, von dem hier die linke Hälfte mit dem Himmlischen Jerusalem zu sehen ist. Durch den Rahmen erweckt es hier den Eindruck, dass es sich um ein Gemälde handeln würde. Die Bauten der Stadt sind von der Kirche Santa Maria del Fiore in Florenz inspiriert, bereits mit der Kuppel von Brunelleschi, die von den Zeitgenossen des Quattrocento wie ein Weltwunder gefeiert wurde. Die Landschaft im rechten Hintergrund zeigt die Toskana, wie sie im 15. Jahrhundert vorzufinden war. Unter den zahlreichen Geretteten im Vordergrund ist, neben Bürgern und Bürgerinnen der Stadt Florenz, auch der Auftraggeber Thomas James: Es ist der kniende Mönch mit Tonsur im violetten Gewand. Der Gruppe gegenüber gesetzt ist ein selbstbewusster Engel. Dessen Körperproportionen und Statur verraten, wie weit fortgeschritten das Bemühen um ideale figürliche Maße bereits war, seine Rüstung soll, laut Meinung von Experten des Quattrocento, von Bartolomeo di Tommaso inspiriert worden sein.

Émile Bertaux, G. Birot: Le missel de Thomas James, in: Revue de l’Art Ancien et Moderne, 20,‎ 1906, S. 129-146.
Elisabeth Taburet-Delahaye u.a. (Hrsg.): France 1500 – Entre Moyen Age et Renaissance, Paris 2010.
Claus Bernet: Große Künstler, großartige Kunst, Norderstedt 2020 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 48).

 

tags: Florenz, Renaissance, Dom, Weltgericht, Quattrocento
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