Johann Lund (1638-1686) / Johann Wilhelm Michaelis (1677-1736): Die jüdischen Heiligthümer (1701)

Johann Lund (1638-1686) war ein zu seiner Zeit bedeutender Theologe und Religionshistoriker im dänischen Tondern, einer Kleinstadt in der Region Syddanmark. Sein Werk „Die alten jüdischen Heiligthümer“ gehört zu seinen zentralen Veröffentlichungen, in denen das Judentum nicht pauschal abgelehnt wird, sondern als Forschungsgegenstand der sich entwickelnden Judaistik neuen Wert erhält. Während der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden die „Jüdischen Heiligtümer“ immer wieder neu aufgelegt. Der Text war erstmals 1695 unter dem Titel „Offentlicher Gottesdienst Der Alten Hebräer“ erschienen, dann folgte 1701 in Hamburg „Die alten jüdischen Heiligthümer“ sowie 1704, 1722 und 1738 erweiterte und auch illustrierte Ausgaben.
In dem opulenten Werk mit über 1.100 Seiten finden sich 32 Kupferstiche von Kultgegenständen, Münzen, Plänen, Pharisäertrachten, Gebetsriemen etc., die vor allem die jüdische Kultur erklären sollten. Bereits das Frontispiz zeigt das Himmlische Jerusalem. Gefertigt hat es Johann Wilhelm Michaelis (1677-1736) aus Wittenberg, der in Stargard, Berlin und Frankfurt an der Oder künstlerisch tätig war. Seine Ausbildung hatte er in Hamburg erhalten, wo sich vielleicht erste Kontakte zum Verleger Spieringk ergaben.
Nicht zufällig findet sich das himmlische über dem historischen Jerusalem, das wiederum über dem israelitischen Lager steht.

Diese Dreistufigkeit ist eine der wichtigsten didaktischen Herleitungen zum Verständnis der Entwicklung der neutestamentlichen Gottesstadt aus alttestamentlichen Vorläufern, die auf Vorstellungen der Renaissance basieren. Das israelitische Lager mit der Bundeslade zeigt das darin befindliche Heiligtum in quadratischer Form. Das historische Jerusalem ist als Festung derart in die Höhe gezogen, dass annähernd die Quadratform erreicht ist, die diesen Bau mit dem Heiligtum und dem Himmlischen Jerusalem verbindet. Auf dem Plateau befindet sich links der Salomonische Tempel, rechts, etwas abgesetzt von dem massiven Fundament, die eigentliche Altstadt mit vielen unterschiedlichen Türmchen. Das Ganze wird durch eine schräg gesetzte Stadtmauer zusammengehalten.
Das darüber befindliche Himmlische Jerusalem ist relativ unspektakulär in Szene gesetzt. Es handelt sich bei der Architektur um eine eigene Kreation von Lund. Zu sehen sind sieben massive Bastionen und über der Stadt andeutungsweise der Zionsberg als Pyramide. Der gesamte Unterbau der Stadt verschwindet in den Wolken, eine Quadratur, wenn überhaupt vorgesehen, ist lediglich zu erahnen. Die heilige Stadt erstrahlt jedoch im hellsten Glanz, während sich auf der linken Seite über den jüdischen Heiligtümern dunkle Gewitterwolken zusammenbrauen. Der Strahlenkranz in den Wolken ist eindeutig Weigels kurz zuvor erschienener „Biblia Ectypa“ entnommen.

Johann Lund: Die Alten Jüdischen Heiligthümer, Gottesdienste und Gewohnheiten, für Augen gestellet, in einer ausführlichen Beschreibung des gantzen Levitischen Priesterthums, und fünff unterschiedenen Büchern, Hamburg 1701.
Ralf Busch: Johann Lund, seine ‚Alten Jüdischen Heiligtümer’ und die Vorstellung vom Salomonischen Tempel, in: Jewish Art, 19, 1993, S. 63-67. 

 

tags: Tempel Salomon, Kupferstich, Judentum, Hamburg, Christoph Weigel
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