
Süddeutsche Himmelspforten von Christoph Thomas Scheffler (1699-1756)
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Claus Bernet
- Juni 13, 2021
Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die Ianua Coeli häufiger dargestellt. Innovativ war die Konzeption, die sich Christoph Thomas Scheffler (1699-1756) ausgedacht und gezeichnet hatte. Sie wurde von seinem Kollegen Martin Engelbrecht (1684-1756) in Kupfer gestochen: Ianua Coeli, ein Kupferstich aus dem Jahre 1732. Es handelt sich dabei um die Platte Nummer 42 der „Elogia Mariana“, welche August Casimir Redel in diesem Jahr in Augsburg herausbrachte.
Richtig populär wurde der Stich aber in einer anderen Fassung, die die Gebrüder Klauber in ein oft aufgelegtes Buch brachten. Nur dadurch wurde diese Himmelspforte weiter verbreitet, auch in kolorierten Varianten als Andachtsbild. 1749 erschien erstmals die „Lauretanische Litaney“ in der Fassung von Franciscus Xaverius Dornn (gest. um 1765). Der Augsburger Verleger Johann Baptist Burckhart konnte für die Ausgabe des Erbauungs- und Gebetsbuchs die besten Kupferstecher seiner Zeit gewinnen, die Brüder Joseph Sebastian Klauber (1700-1768) und Johann Baptist Klauber (1712 bis nach 1787), die sich bei der Anlage des Bildes eng an Scheffler/Engelbrecht anlehnten. Entscheidender Unterschied: Hier ist das Himmelstor offen und gewährt einen verheißungsvollen Einblick in zukünftige Annehmlichkeiten.
Mit „Ianva Coeli“ ist diese Himmelspforte tituliert, die 1751/52 Christoph Thomas Scheffler (1699-1756) gemalt hat und um die der Stuckateur Anton Landes (1712-1764) eine barocke, vergoldete Kartusche gelegt hat. Man findet sie im Stift „Zu Unserer Lieben Frau“ (zur Alten Kapelle, dort die vorgelagerte Gnaden-Kapelle), einem römisch-katholischen Kollegiatstift in der Stadt Regensburg. Dort ist das gesamte Deckenprogramm einer Lauretanischen Litanei gewidmet – ein zu dieser Zeit überaus beliebtes Thema. Das Himmlische Jerusalem wird, wie hier, bei einer Marienlitanei durch die geöffnete Pforte repräsentiert. Scheffler konzentriert sich bei seinem Spätwerk ganz auf die Ausgestaltung der klassizistischen Pforte, während die Landschaft um sie mit groben Pinselstrichen flächig aufgetragen wurde, vermutlich von einem Schüler.
Heiner Martini: Himmel und Hölle auf Decken und Wänden, Lebensgeschichte des bayerischen Freskomalers Christoph Thomas Scheffler, Pfaffenhofen 1985.
Thomas Balk: Der Augsburger Historienmaler Christoph Thomas Scheffler (1699-1756), ein Kunstreiseführer zu Scheffler-Fresken in süddeutschen Kirchen, München 1999.
Carl J. Schnabel, Gerhard Prell: Basilika und Stiftskirche ‚Unserer Lieben Frau’ zur Alten Kapelle in Regensburg. Ein kurzer Abriss der baulichen Entwicklung und Baugeschichte, Basilika und Stiftskirche, in: Der Bayerwald, 94, 2, 2002, S. 17-24.
Es gibt eine weitere, wenig bekannte Fassung von Schefflers Himmelspforte. Eine Besonderheit der römisch-katholischen Volksfrömmigkeit ist dieses Prozessionsschild der Skapulier-Bruderschaft mit verschiedenen Motiven der Lauretanischen Litanei. Entstanden um 1750 befindet es sich heute in der Pfarrkirche St. Johannes Evangelist in Amtzell im Allgäu. Auf dem Schild steht nicht etwa „Die Himmelspforte“, sondern „Du Himmelspforte“, was sich hier auf die Heilige Maria bezieht, die über der Pforte empfangend ihre beiden Arme öffnet. Auch diese barocke Pforte mit Sprenggiebel steht offen, im Inneren blickt man in einen Paradiesgarten. Sie ist farbig bemalt scheint aus rötlichem Marmor zu sein, an beiden Seiten der Pforte setzt sich die Stadtmauer an und schiebt sich steil nach oben, als würde die Pforte in einer Ecke stehen. Die zwei Löcher im Nimbus Mariens dienten übrigens einst zum Aufhängen des Schildes bei Umzügen, Prozessionen oder Gottesdiensten im Freien.