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Melchior Steidl (um 1665-1727): Schönenbergkirche in Ellwangen (1711) und Kirche „Maria, Zuflucht der Sünder“ in Altenmarkt (um 1720)

Die Schönenbergkirche in der Region Ostwürttemberg, bereits stark von Franken geprägt, liegt auf dem 530 Meter hoch gelegenen Schönenberg nahe Ellwangen und ist dort das bedeutendste Kulturdenkmal. Die Deckenfresken von 1711 stammen von dem in Innsbruck geborenen Malermeister Melchior Steidl (um 1665-1727). Über der Orgel stellte Steidl den Tempelgang Mariens dar, dann folgt ihre Himmelfahrt. Bemerkenswert sind die symbolischen und allegorischen Darstellungen Mariens im Langhaus und im Chor, die dort in Medaillons die Decke überziehen:

Die Abbildung zeigt nicht, wie man meinen könnte, die Civitas Dei, sondern die Himmelspforte. Man findet sie im Mittelschiff an der rechten Seite. Direkt unter der Malerei findet sich eine Kartusche, die auch dem letzten Zweifelndem klar macht, was hier dargestellt sein soll: „Ianua Coeli“. Ein sterbender Mensch wird durch einen Engel links auf diese Pforte hingewiesen, was natürlich an den Engel mit dem Maßstab und Johannes auf Patmos angelehnt ist. Die Pforte erscheint in Gestalt eines Festungstors unter einem Marienanagramm in einer Gloriole, hell und transparent von göttlichem Licht umgeben. Das hat freilich zur Folge, dass der Haupteingang so gut wie verdeckt ist. Vor ihr schreitet ein weiterer Mensch über einen steinigen Weg in Richtung der Pforte. Wie bereits der Engel so trägt auch diese Figur einen Pilgerstab.

Die Wallfahrtskirche birgt eine weite Pforte. Man findet sie etwas versteckt im oberen Chorumgang an der rechten Seite – heute ist dieser Ort bekannter, da dort ganzjährig eine Weihnachtskrippe aufgestellt ist. Der Kontext, in den diese barocke Pforte gesetzt ist, erscheint ungewöhnlich, denn es ist der Hortus Conclusus, also der verschlossene Garten, ein weiteres Mariensymbol. Eigentlich hat hier die Pforte nichts verloren. Es gibt aber eine Traditionslinie, den Garten mit der Pforte zu besetzten, was vor allem durch Christoph Thomas Scheffler und die Gebrüder Klauber popularisiert wurde. 

Bruno Bushart: Melchior Steidls Entwürfe für die Fresken in der Schönenbergkirche zu Ellwangen, in: Eberhard Hanfstaengl zum 75. Geburtstag, München 1961, S. 95-111. 
Alfred Sirch: Bildsymbole in der Marienkirche auf dem Schönenberg, Ellwangen 1997.

 

Melchior Steidl hat gegen Ende seiner Laufbahn die Himmelspforte ein weiteres Mal dargestellt, diesmal weniger spektakulär, sondern eher klassizistisch-vornehm. In der römisch-katholischen Frauenkapelle „Maria, Zuflucht der Sünder“ in Altenmarkt (Niederbayern) findet man ein Fresko von etwa 1720 mit den Symbolen der Lauretanischen Litanei. Die Portallaibung und die Supraporte wurden noch (oder wieder) im Stil der Renaissance gestaltet. Gleichzeitig war eine Himmelspforte eines der beliebtesten Motive, welches man damals im Zuge der Lauretanischen Litanei präsentieren konnte. Auf der barocken Kartusche über dem Tor steht nicht etwa „Die Himmelspforte“, sondern „Du Himmels Porten (sic!)“, was sich auf Maria bezieht, die hier selbst allerdings nicht dargestellt ist. Dargestellt sind jedoch noch zwei Wächterengel mit Schwert und Schild, die etwas martialisch neben die noch fest geschlossene Pforte gesetzt wurden. Vor der Pforte führen ausladende Stufen nach unten bis zu einer Muschel, die kompositorisch die Kartusche von oben spiegelt.

 

tags: Melchior Steidl, Niederbayern, Schwaben, Barock, Himmelspforte, Deckengemälde, Fresko
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