Wandmalerei der Abtei Sainte-Marie, Lagrasse (1280-1309)

In Lagrasse in der Region Languedoc-Roussillon sind seit 779 bis heute Mönche unterschiedlicher Ordensrichtungen ansässig. Die Abtei Sainte-Marie wurde das erste religiöse Zentrum im Languedoc und schnell sehr wohlhabend, man nannte sie daher auch „die Fette“. Ihre einstige Ausstattung, von der sich wenig erhalten hat, muss prachtvoll und beeindruckend gewesen sein, die besten Künstler ihrer Zeit bekamen hier Aufträge.
Zwischen 1280 und 1309, als der Benediktiner Auger de Gogenx als 36. Abt dem Kloster vorstand, entstand ein Aquarell, das sich Dank einer Restauration von Marcel Nicaud aus dem Jahr 1953 gut erhalten hat. Es wurde in dem Teil der Abtei angebracht, in dem die alten und kranken Mönche wohnten, und denen das Bild sicher zur Kontemplation ihrer Lage diente.
Auf fünf Ebenen ist die Gemeinschaft der Heiligen dargestellt. Oben erscheinen über den Mauern der Stadt Engel und musizieren; zu erkennen sind Schellen, eine Fidel und eine Laute. Unter den Musikanten befindet sich die Stadtmauer, die aus vier Ebenen besteht. In jeder Ebene öffnen sich Arkaden, in denen man Porträts von Heiligen erblickt. Der Bogenhintergrund ist wahlweise rot oder blau.
In Folge der Bedrohung durch die Katharer baute Gogenx das Kloster zur Festung aus. Der Hundertjährige Krieg und Plünderungen während der Französischen Revolution haben dem Kloster schweren Schaden zugefügt, und die ausgebesserten Stellen, die auf dem Aquarell gut zu erkennen sind, rühren vom Vandalismus der Jahre um 1792 her.

Marcel Durliat, Daniel Drocourt: L’abbaye de Lagrasse, in: Session: Congrès Archéologique de France. Société Française d’Archéologie, 131, 1973, S. 104-122.
Eugène Bareil: Lagrasse: 12 siècles d’histoire. L’abbaye bénédictine de Sainte-Marie d’Orbieu, le village et son terroir dans les Corbières, o. O., 2005
Abbaye Sainte-Marie de Lagrasse. Chanoines réguliers de la Mère de Dieu, Moisenay 2006. 

tags: Benediktiner, Arkaden, Region Languedoc-Roussillon, Frankreich, Kloster
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