Mantes-la-Jolie im Département Yvelines (Île de France) ist berühmt für seine mittelalterlichen Glasmalereien, wie in der dortigen Kirche Notre-Dame, wo sich eine sehr alte Darstellung des Himmlischen Jerusalem der Zeit um 1230 erhalten hat. In dem Stadtteil Gassicourt befindet sich die römisch-katholische Kirche Sainte-Anne, die ebenfalls Bleiglasfenster im Chorbereich aus dem 13. Jahrhundert besitzt. Beide gehören zu den ältesten Glasmalereien eines Neuen Jerusalem weltweit, die sich über Jahrhunderte am Originalstandort erhalten haben.
In Sainte-Anne sind es Szenen mit der Passion Christi und seiner Auferstehung. Darunter zeigt ein Rundfenster, umzogen mit einem roten Band und einem weißen Perlenfries, eine Darstellung des Himmlischen Jerusalem. Die Himmelspforte (etwa in der Mitte des Bildes, weiße Laibung, rote Füllung, güner Dreiecksgiebel) wird geöffnet, eine einzige Person mit einem hellen, grünem Gewand wird eingelassen. Wer dies sein soll, ist nicht mehr zu erkennen, Petrus, Christus oder Maria kommen ebenso in Frage wie ein einzelner Heiliger oder eine Heilige, vielleicht auch ein Engel wie in der Pariser Sainte-Chapelle.
Auf der linken Seite ist die Architektur der Himmelsstadt noch einigermaßen gut zu erkennen, die rechte Seite ist mit einer lichtundurchlässigen bräunlichen Schmutzschicht überzogen und lässt Einzelheiten kaum mehr hervortreten. Vorbilder waren mittelalterliche Vorstellungen einer runden Gottesstadt, wie sie auch romanische Radleuchter oder Miniaturmalereien, vor allem im Liber Floridus, präsentieren. Die runde Form verkörpert die Vollendung und den Tierkreis, sie war neben dem Quadrat und der Pyramidenform stets in der Kunst präsent, wenngleich auch mit wenigeren Ausführungen.
Anne Prache: Romanik der Île-de-France, Würzburg 1987.
Sainte-Anne de Gassicourt, Issy-les-Moulineaux 2002.
François Ripoche (Hrsg.): Sainte-Anne de Gassicourt, Paris 2002.
Claus Bernet: Große Künstler, großartige Kunst, Norderstedt 2020 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 48).
Beitragsbild: GFreihalter, Gassicourt Sainte-Anne 92, CC BY-SA 3.0