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Friedrich Mibes: Himmlisches Jerusalem (1719)

Wie lange die reformatorischen Gegensätze nachwirkten, belegt dieses außergewöhnliche Kunstwerk: 1719 veröffentlichte der Mönch Friedrich Mibes in Sulzbach ein katholisches Gebetbuch unter dem Titel „Himmlisches Jerusalem Welches Durch die Würckung des Heil. Gebetts starck belagert und durch Macht und Gewalt desselben glücklich erobert wird“. Es beinhaltet eine Beschreibung des Neuen Jerusalem, versehen mit einem volkstümlichen Kupferstich. Die Komposition ist ähnlich wie später in dem Stich des „Geistlichen Zeug-Haußes“ von Franz Xaver Dornn (gest. um 1765). Dargestellt ist eine naturalistische Kampfszene mit mehreren Gefechtslinien. Die Mörser und Geschütze sind mit Ziffern durchnummeriert und mit dem Buchstaben „C“ bzw. „Cap.“ versehen, denn jedes Buchkapitel sollte für einen „Schuss“ in die Himmelsfestung stehen. Da das Buch des Mibes jedoch nur aus zwanzig Kapiteln besteht, hier aber 22 Kanonen zu sehen sind, ist davon auszugehen, das dem Stecher der Text nicht im Original vorlag oder ihm eine Nachlässigkeit unterlaufen ist.
Die Himmelsstadt des Frontispiz ist hier weder quadratisch noch rund dargestellt, sondern sternenförmig. Eigenartig sind auch die Mauern, die vom Stadtinneren nochmals drei Bereiche abtrennen. Unter der Stadt erscheint ein Spruchband mit der Aufschrift: „Das ist Jerusalem Jeremias C. 8v“. Die Versangabe ist auf der Vignette kaum zu erkennen.
Das Büchlein wurde mehrfach aufgelegt. Im Gegensatz zu den ersten Auflagen von 1719 und Prag 1722, wurde in den späteren Auflagen von 1754, 1761 und 1796, die alle in Sulzbach erschienen, die Aufstellungen der kleinen Figuren im Kupferstich leicht verändert. Obwohl Mibes’ „Himmlisches Jerusalem“ ein echter Erfolg katholischer Erbauungsliteratur der späten Gegenaufklärung war, ist das Werk bislang von der Forschung kaum beachtet worden. Friedrich Mibes bleibt ebenfalls ein Unbekannter, über den man kaum etwas weiß.

Claus Bernet, Klaus-Peter Hertzsch: Martin Luther in seiner Zeit – und das Himmlische Jerusalem, Norderstedt 2016 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 40).

 

tags: Mönch, Erbauungsschrift, Gottesfestung, Kupferstich, Gebetbuch
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