Die römisch-katholische Basilika Sankt Salvator in Prüm in der Eifel besitzt eine großformatige Tapisserie zum Thema der Apokalypse. Sie wurde einst vom lokalen Paramentenverein zur Feier seines fünfzigjährigen Jubiläums im Jahre 1918 gestiftet. Dieser aus Frauen bestehende Verein stellte diesen Teppich in zehnjähriger Handarbeit nach den Plänen eines Aachener Künstlers her, vermutlich Franz Wirth. Aufgehängt wurde er im Chorbereich vor dem Altar an der rechten Seite. Dort ist er von den gegenüberliegenden Fenstern dem Lichteinfall direkt ausgesetzt, was einerseits ermöglicht, die Einzelheiten gut zu erkennen, andererseits aber zur Folge hat, dass die Farben nach über hundert Jahren in der Sonne mehr und mehr verblassen. Die ursprüngliche Fassung hat man sich wesentlich farbintensiver vorzustellen.
Der Entwurf greift alte Motive aus der Antike auf (etwa aus San Giovanni in Laterano in Rom) und verbindet sie mit stilistischen Elementen des vegetabilen Jugendstils. Zwei Hirsche versammeln sich an einem Springbrunnen. Über diesen Brunnen erhebt sich ein kleiner Tempel, dessen Kuppel gleichzeitig zu einer großen Kuppel der Stadt im Hintergrund wird – ein durchaus ungewöhnlicher Einfall. Diese Stadt steht mit ihren hohen Mauern, Toren und Türmen für das Neue Jerusalem. Neben dem Brunnen, der natürlich gleichzeitig den Lebensfluss symbolisiert, findet man über dem Tempel einen gewaltigen Lebensbaum, der deutlich vom Jugendstil beeinflusst ist. Einen derart üppigen Lebensbaum findet man zu der Zeit nur noch in der Schrift „Der Dienst der Engel“ (1920). Dass hier das Himmlische Jerusalem, und nicht etwa eine orientalische Szenerie gemeint ist, erklärt auch das lateinische Spruchband über der Stadt: „Vidi civitatem sanctam Jerusalem novam, descendentem de caelo a deo paratam sicut sponsam ornatam viro suo“ (Johannesoffenbarung Kap. 21), zu deutsch: „Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem von Gott aus dem Himmel herabkommen, wie eine für ihren Mann geschmückte Braut“.
Franz J. Faas: Prüm, Eifel, katholische Pfarrkirche, Prüm 1983.
Monika Rolef: Der große Chorteppich in der Sankt Salvator Basilika zu Prüm, (Prüm 1998).