Die Kathedrale St. Nikolaus (Cathédrale Saint-Nicolas) in Freiburg ist der Sitz des römisch-katholischen Bistums von Lausanne, Genf und Freiburg in der Schweiz. Dieses Bistum trägt das Patrozinium des heiligen Nikolaus, der auch, in Farbe gefasst, auf dem Tympanon des Haupteingangs gut zu erkennen ist. Petrus ist die einzige Figur, die vollständig in Farbe gefasst ist und damit sogar Christus in den Schatten stellt. Das westliche Portal aus dem 14. Jahrhundert hat das Jüngste Gericht zum Thema, und der linke Ausschnitt zeigt den Einzug der Geretteten in die Gottesstadt.

Der Heilige Petrus, mit einem großen vergoldeten Schlüssel ausgestattet, geleitet eine gerettete Figur zur noch verschlossenen Himmelspforte. Die dahinter angedeutete Architektur ist ganz im Stil der Flamboyantgotik gehalten und zeigt einen Bau, der im unteren Teil mit einem gotischem, schmalem Maßwerkfenster als Kirche, im oberen Teil als wehrhafte Burganlage gestaltet ist. Einzelne schmückende Bauteile wurden vergoldet. Direkt über dem Hauptturm ist noch die Posaune zu sehen, die zum Gericht ruft. Blickfang der Architektur ist vor allem das kunstvolle Beschlagwerk der Pforte, das an den Steinmetz höchste Anforderungen und Können stellte. Die Gut erhaltenen Steinmetzarbeiten wurden für so wertvoll erachtet, dass ihnen Drahtseile vorgespannt wurden, die Tauben und andere Vögel abhalten sollen – ähnlich wie am Münster zu Bern oder an Sankt Bonifacius in Bad Langensalza. Aufnahmen, die von dieser Schutzvorrichtung befreit sind, sind entweder vor 2000 entstanden oder wurden mit Bildbearbeitungsprogrammen geschönt.

Das Motiv Weltgericht war im 13. und 14. Jahrhundert bei Kirchenportalen eine regelrechte Modeerscheinung, erst in Frankreich, dann auch im deutschsprachigen Raum. Das Beispiel aus Freiburg ist eindeutig abhängig von einem kurz zuvor entstandenen Tympanon in Ulm, wo die Gesamtkonzeption, die Farbgebung und figürliche Details ähnlich sind. Leider ist auch in diesem Fall, wie in Ulm, kein Steinmetz namentlich bekannt. Es waren aber Meister und Gesellen, die auch an anderen Teilen der Fassade über Jahre hinweg in Freiburg tätig waren und nicht, wie früher gelegentlich zu lesen war, von Kirche zu Kirche zogen.
Alfred A. Schmid: La cathédrale Saint-Nicolas a Fribourg, in: Session/Congrès Archéologique de France, 110, 1952/53, S. 392-406.
Stefan Matter: Sordiditas est sus. Zur Bedeutung des Teufelsschweins im Weltgericht des Westportals von St. Nikolaus in Freiburg im Üechtland, in: Zeitschrift für schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte, 63, 4, 2006, S. 261-276.
Peter Kurmann (Hrsg.): La cathédrale Saint-Nicolas de Fribourg. Miroir du gothique européen, Lausanne 2007.
Claus Bernet: Gemacht für die Ewigkeit. Steinwerke des Himmlischen Jerusalem, Norderstedt 2013 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 8).



