Zu Beginn des 16. Jahrhunderts waren Abbildungen der Maria Immaculata mit ihren Symbolen nach der Lauretanischen Litanei überaus beliebt. Vor allem aus dem Buchdruck kennen wir Beispiele aus Frankreich und Spanien, die ja auch die Vorlagen zu den Malereien abgaben. Eine ähnliche Darstellung findet man schon in einem Messbuch von etwa 1540, das heute im Museum of Modern Art in Philadelphia aufbewahrt wird. Bei dieser Vignette haben wir, ganz ähnlich wie bei dem Schmuckstück, die runde Grundform. Ein anderes mögliches Vorbild ist laut Héctor Schenone zwischen 1566 und 1600 im ehemaligen Kloster Actopan entstanden (heute Gemäldesammlung im Museo Nacional del Virreinato, Mexiko). Mehr noch als diese Werke kommen die gedruckten Exemplare der Maria Immaculata in Frage, wobei es auch sein kann, dass sich die beiden hier vorgestellten Kunstobjekte auf eine Druckvorlage beziehen könnte, die heute verloren gegangen ist.
Noch aus dem 16. Jahrhundert soll eine kleine herzförmigen Emaillearbeit mit einer Gesamtgröße von 6 Zentimetern stammen. Sie wurde vermutlich in Europa (Frankreich oder Spanien) hergestellt und befindet sich heute in einer argentinischen Privatsammlung. Welche Künstler an dem nur wenige Zentimeter großen Medaillon beteiligt waren, ist nicht bekannt, auch die Entstehungshintergründe kennt man nicht. Schenone hat den Verfasser darauf hingewiesen, dass das Objekt vermutlich für eine adelige Familie Spaniens angefertigt wurde, die Handelsbeziehungen nach Lateinamerika unterhielt.
Zu Füßen der Mariendarstellung befindet sich an der linken Seite die Civitas Dei mit Stadtmauer, einem Tor und einigen Häusern. Die Kompartimente dieser Architektur sind asymmetrisch, schräg und verwinkelt aneinander gereiht. Farbliche Hervorhebungen fehlen, alles ist in einem marmorartigen Weiß gehalten.
Auf Kopfhöhe der Marienfigur ist rechts die Porta Coeli (Celi) zu finden. Es ist ein symmetrischer Torturm, dessen Rundbogenpforte offen steht. Der mittlere Pfortenbau überhöht hier die beiden Seitentürme, was immer ein Zeichen für eine Entstehungszeit in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts ist. Beide Symbole sind in spätmittellateinischer Sprache beschriftet, während ein anderes Symbol dieses Schmuckstücks irrtümlich spiegelverkehrt beschrieben wurde.
Héctor Schenone: Iconografía del arte colonial: Santa María, Buenos Aires 2008.
Ein weiteres Schmuckstück mit ähnlichen Motiven befindet sich in einer russischen Kunstsammlung. Hergestellt wurde es angeblich in Limoges unter Beteiligung von Léonard Limousin (um 1505 – um 1577). Das ovale Schmuckstück ist aus Emaille gearbeitet, was dem Kunstwerk eine türkisfarbene Note verleiht. Auch hier werden die Symbole Mariens durch weiße Schriftbänder in Latein erklärt. Die Anordnung der Symbole ist jedoch zur vorherigen Arbeit genau entgegen gesetzt, was darauf hindeutet, dass die Vorlage zu dieser Arbeit seitenverkehrt gewesen sein könnte: Seitlich links von der Marienfigur ist die Porta Coeli, rechts unten die Civitas Dei.
1947 wurde von Victor Moraza in der Kirchenruine von Burgondo (Ochate, Kastilien) ein Medaillon gefunden. Noch heute wird das Medaillon jährlich am 15. August während einer Wallfahrt an seinen Ursprungsort zurückgebracht, ansonsten ist es im Besitz der Cofradía de Burgondo in Imiruri (Treviño). Wissenschaftlich ist es noch kaum untersucht, eine erste Datierung nach soll es aus dem 16. Jahrhundert stammen. Es besteht aus Perlmutt, in einem Kupferrahmen gefasst. In die Oberfläche wurden mehrere Motive der Laurenatischen Litanei eingraviert, links die Stadt Gottes, rechts die Himmelspforte.