Diese romanische Schmuckplakette aus Elfenbein zeigt im unteren Bereich die Kreuzigung Christi auf Golgatha, darüber oben links eine Darstellung des Himmlischen Jerusalem. Rechts empfängt ein stehender Christus (am Kreuznimbus gut zu erkennen) einige Gerettete, von denen links drei Figuren bereits in die rettende Stadt gelangt sind. Möglicherweise sind es die drei Patriarchen. Sie stehen dort dicht aneinandergedrängt vor einem Engel mit einer Posaune. Typisch für die zweite Hälfte des 11. Jahrhunderts sind die spitzen, expressiven Flügel des Engels. Die Stadt zieht sich als Rahmen um diese Szene. Oben sieht man Mauerwerk, dazwischen vier gerundete Türme. An den Seiten stehen offene Flügel der Tore, so dass das Beschlagwerk sichtbar wird. Unten sind einzelne Bauten, der Sitz oder Thron des Engels und ein aufgebrochenes Grab asymmetrisch aneinandergereiht. Die Tafel mit der lateinischen Aufschrift gehört bereits zur darunterliegenden nächsten Szene, die hier nicht aufgenommen ist.
Diese Plakette aus Elfenbein entstand in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts in Süddeutschland, in Schwaben. Angefertigt wurde sie vermutlich für eine adelige Dame. Die Plakette kam in den Besitz von Alexander Petrowitsch Basilewski (1829-1899), ein russischer Kunstsammler und Diplomat. 1884 wollte er seine Sammlung in einer Auktion versteigern, doch Zar Alexander III. erwarb kurz davor die komplette Sammlung für 6.000.000 Francs für die Eremitage in St. Petersburg. Sie gehört dort heute zum Teil der ständigen Ausstellung mittelalterlicher Kunst aus Deutschland.
Alfred Darcel, Alexander Basilewsky: Collection Basilewsky. Catalogue raisonné, précédé d’un essai sur les arts industriels du Ier au XVIe siècle, Paris 1874.
Vladimir Levinson-Lessing: The Hermitage, Leningrad: Medieval & Renaissance masters, London 1967.
Marta Janovna Kryžanovskaja: Alexander Petrovich Basilevsky. A great collector of medieval and Renaissance works of art, in: Journal of the History of Collections, 2, 1990, S. 143-155.
Claus Bernet: Vorromanik, Ottonik, Romanik, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 29).
