Peter van der Borcht: The New Testament (1653)

Englands Bibeldrucke sind nicht gerade reichlich mit Abbildungen versehen worden und der Teil der Johannesoffenbarung schon gar nicht. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel, und so enthält der Druck „The New Testament of our Lord and Saviour Jesus Christ“ stattliche Kupferstiche, die ihn zu einer englischen Prachtbibelausgabe machen. Es war eine offizielle Neuübersetzung aus dem Griechischen, aus der in anglikanischen Gottesdiensten vorgelesen werden sollte, und zu diesem Anlass war eine wertvoll gestaltete Ausgabe willkommen. Gedruckt wurde sie 1653 in London bei Roger Daniel, der sich ansonsten auf Schriften der Puritaner spezialisiert hatte. Die signierten Stiche stammen von dem arkanen Maler Peter van der Borcht (geb. 1625) aus Brüssel, dessen Biographie der Wissenschaft viele Rätsel und Unklarheiten aufgibt.
Insbesondere die Stadt Gottes (zwischen den Seiten 372 und 372) ist eine genauere Betrachtung wert. Die Tortürme in Form von Würfeln bei einer relativ niedrigen Stadtmauer lassen die Anlage als ein römisches Castrum erscheinen. Interessant, dass bei dem rückwärtigen Mauerzug im oberen Bildbereich zur Stadtseite die Tonnengewölbe angedeutet sind, wohingegen nach außen Stützpfeiler eine besondere Festigkeit vorgeben sollen. Die Stadt ist nach rechts hin abgeschnitten, ihre Mitte ist, auch dem Verlauf der Hausbebauung nach zu urteilen, nicht einsehbar. Vor der Stadt sieht man unten Johannes, der vor einem Engel niederkniet; ganz links erblickt man Johannes erneut, diesmal mit einem Engel beim Vermessen der Stadtanlage. Über den Figuren ist die Ziffer 21 zu finden, weiter unten vor der Stadt die Ziffer 22: beides sind Hinweise, zu welchen Kapitel der Johannesoffenbarung diese Illustration gehört.

Claus Bernet: Holzschnitte und Kupferstiche, Norderstedt 2012 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 3).

tags: Peter van der Borcht, England, Bibel, Kupferstich, Renaissance, Prachtbibel,
Share: