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Fresken auf Klöster des Berg Athos (16. Jh.)

Die Klöster Dionysiou (Dionissiu/Dionysiou, griechisch Μονή Διονυσίου) und Dochiariou (Dochiariu, griechisch Ι. Μ. Δοχειαρίου) befinden sich auf dem Berg Athos auf der gleichnamigen Halbinsel Griechenlands. In dieser entlegenen, aber geschützten Gegend hatten sich bereits im frühen Mittelalter zahlreiche Klöster des griechisch-orthodoxen Ritus niedergelassen. In den Bauten findet man fast überall Freskenmalereien, die kunstgeschichtlich und kunstwissenschaftlich noch lange nicht inventarisiert oder gar abschließend erforscht sind.
Das ältere Kloster Dochiariou wurde vor 1013 durch den Namensgeber Dochiarius gegründet und befindet sich am jetzigen Ort seit ca. 1100. Der heutige Klosterbau, der verwinkelt an einem Hang um die Hauptkirche angelegt ist, stammt aus dem 16. Jahrhundert und wird durch einen markanten Bibliotheksturm im hinteren Bereich deutlich überragt. Das Kloster Dionysiou wurde gegen Ende des 14. Jahrhunderts gegründet. Das hiesige Vestibül des Refektoriums (trápesa) mit den Fresken zur Apokalypse wurde zwischen 1537 und 1547 erbaut.
Beide Fresken zum Himmlischen Jerusalem, sowohl in Dochiariou als auch in Dionysiou, ähneln sich kompositorisch und stehen in Abhängigkeit zueinander. Die Darstellungen sind als jeweils letztes Bild eines Apokalypsezyklus im Refektorium der Klosteranlage zu finden. Rot, weiß, schwarz und golden sind die vorherrschenden Farben dieser Darstellung. Jeweils rechts oben steht Johannes mit einem Engel. Dieser ist in Tradition des Erzengels Michael dargestellt, den das Kloster Dochiariou jeden 8. November als seinen Schutzpatron feiert. Vor ihnen breitet sich eine Stadt aus, deren unterschiedliche Dächer und Enge der Straßen eine für orthodoxe Kunst ungewohnte Lebendigkeit mit großem Detailreichtum zeigen. Vorne stehen drei gewaltige Tore, in denen je ein Engel wacht. Die Stadtmauer dazwischen ist mit Arabesken geschmückt, ähnlich wie auf einer Ikone aus Kreta. Im Hintergrund sind unzählige Kirchtürme und Kirchenkuppeln zu erkennen, im Falle von Dochiariou wurde u.a. die Hagia Sophia dargestellt.
Bereits auf dieser frühen Fassung findet man oben, gegenüber dem Engel und Johannes auf Patmos, ein Dreieck, von dem Strahlen ausgehen. Es sind abwechselnd gerade und geschwungene Strahlen, die göttliches Licht andeuten sollen. Es handelt bei dem ungewöhnlichen Gebilde um ein Trinitätssymbol für Gott, der in der orthodoxen Malerei selten als Person oder als menschliche Figur dargestellt wird, aber dessen Anwesenheit doch markiert werden sollte. In der Geschichte wurde diese Strahlenart später auch von der Kunst der Westkirchen übernommen, so noch bei einer Trinitätsdarstellung des 20. Jahrhunderts.

 

21 Episoden aus der Apokalypse schmücken den Raum, der in Dionysiou in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ausgemalt wurde; sie stammen vielleicht vom kretischen Maler Antonios. In der Gestik und Zuordnung des Engels und des Johannes wird in der Literatur von einer Kenntnis der Apokalypsedarstellung des Hans Holbein vermutet, was vor allem bei anderen Apokalypsemalereien dieses Zyklus‘ deutlich wird. Bis zu diesen Darstellungen war in der orthodoxen Kirche die Apokalypse kaum einmal bildlich thematisiert worden, doch mit Dochiariou und Dionysiou setzt eine neue Tendenz ein.

 

Gleich neben Dochiariou liegt das weniger bekannte Kloster Xenofontos, das gegen Ende des 9. Jahrhundert erbaut wurde. Hier befinden sich die Fresken mit den Apokalypsedarstellungen, einschließlich des Himmlischen Jerusalem, im Atrium des Katholikon. Dieses Atrium fungierte auch als Vestibül des Refektoriums, die Mönche kamen hier also mehrmals täglich vorbei. Die Fresken wurden auf 1637 datiert. Nach einem Jahrhundert kam es zu Änderungen: Der Hintergrund ist schwarz, was dem ganzen den Charakter einer nächtlichen Szene gibt. Neu ist vor allem der symmetrische Staffelbau in der Stadtmitte, deren Dächer gekonnt vom göttlichen Licht links beschienen werden. Sucht man nach Vorbildern solcher oder ähnlicher symmetrischer Zentralbauten im Renaissancestil, so findet man sie bei Darstellungen der Maria Immaculata, etwa von Adriaen Isenbrant (um 1530).

Paul Huber: Apokalypse, Düsseldorf 1989.
Massimo Capuani, Maurizio Paparozzi: Athos, Milano 1997.
Kriton Chrysochoidis: I monasteri del Monte Athos e il mondo ortodosso dopo la caduta Constantinopoli, in: Grigore Arbore Popescu (Hrsg.): Christiani d’ Oriente: Spiritualità, arte e potere nell’ Europa post bizantina, Milano 1999, S. 71-77. 

 

tags: Griechenland, Orthodoxie
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