Peter Troschel (geb. um 1620, gest. nach 1667): Dilherr-Bibeln (1656 und 1710)

Die „Biblia, Das ist: Die gantze Schrifft, Altes und Neues Testaments […]. Samt einer Vorrede Herrn Johann Michael Dilherrns“, kurz „Dilherr-Bibel“, war vielleicht die erfolgreichste aller Lutherbibeln im 17. Jahrhundert. Von 1656 bis 1788 erschienen mindestens dreißig Auflagen. Fast jeder Pfarrer hatte diese Ausgabe, in vielen Bibliotheken und Sammlungen ist sie zu finden. Die Voraussetzungen für einen Erfolg waren günstig, da die Ausgabe auf einem älteren Werk aufbaute. Die Dilherr-Bibeln sind eine Fortsetzung der ebenfalls recht erfolgreichen Saubert-Bibel von 1629, jedoch mit ganz neuen Illustrationen, die sich auch in den Nürnberger Ausgaben von 1670, 1693 und 1702 finden. Erscheinen konnten sie im renommierten Verlag Endter, erst unter Wolfgang Endter (1593-1659), später unter Christoph Endter (1632-1672). Die Stiche wurden vom Nürnberger Künstler Peter Troschel (geb. um 1620, gest. nach 1667) dazu eigens angefertigt.

Ihren neuen Namen hat die Bibel von dem lutherischen Pastor Johann Michael Dilherr (1604-1669). Dieser Dilherr war Theologe und Philologe in Jena und Nürnberg. Dort hatte er 1642 das Predigeramt der Kirche zu St. Lorenz übernommen, wechselte aber 1646 an die Sebalduskirche. In Nürnberg wirkte er vor allem als Kunstförderer und Büchersammler. Er zählt zu den Vertretern der Frömmigkeitsbewegung, in seinem Vorwort hat er genau den Ton getroffen, der das Werk zu einer beliebten Bibelausgabe des Pietismus werden ließ, die sich streng an den Luthertext hielt und dessen Kanonisierung vorantrieb. In der Erstausgabe von 1656 findet man die Abbildung des Himmlischen Jerusalem auf Seite 1220. Das Bild wurde dann durch viele Folgeauflagen bekannt.

 

Erst mit der Nürnberger Ausgabe von 1710 wurde eine Revision vorgenommen und das Werk mit neuen, der Mode der Zeit entsprechenden Stichen versehen, die auch in den Ausgaben 1720, 1725, 1736 und 1747 enthalten sind. Die Darstellung zum Himmlischen Jerusalem befindet sich nun auf Seite 1180. Inhaltlich hat sich kaum etwas geändert, jedoch Einzelheiten: Das Lamm Gottes mit dem auffälligen doppelten Strahlenkranz ist verschwunden, an seine Stelle ist eine etwas eigenartige Scheibe über dem Stadtzentrum getreten. Die Stadt, die in der Erstausgabe noch heterogener und in ihrem Inneren nicht zu erkennen ist, wird in der zweiten Fassung systematischer und übersichtlicher. Deutlicher ist nun die quadratische Form zu erkennen. Auch Johannes und der Engel, die in der Erstauflage noch als zwei kindliche Putti daherkommen, sind in der zweiten Fassung gereift und erscheinen als jugendliche Männer. Weggefallen sind hingegen die beiden Figuren Moses (links) und Melchisedek (rechts) in den seitlichen Bildrahmen. Hinzugekommen sind in der neuen Fassung oben und unten zwei mahnende Reime, die auf die Endlichkeit irdischen Lebens abzielen.

Gerhard Schröttel: Johann Michael Dilherr und die vorpietistische Kirchenreform in Nürnberg, Nürnberg 1962.
Troschel, Peter, in: Karl Bosl (Hrsg.): Bosls bayerische Biographie, Regensburg 1983, S. 788.
Ferdinand von Ingen: Johann Michael Dilherr (1604-1669), in: Udo Sträter (Hrsg.) Orthodoxie und Poesie, Leipzig 2004, S. 47-61.

 

tags: Renaissance, Nürnberg, Mittelfranken, Bibelausgabe, Holzschnitt, Kupferstich
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