1850, Religious Emblems, John W. Barber, Zweiwegebild, New Haven, Connecticut, USA, Cover © Bieber Collection

John W. Barber (1798-1885): Druck „Religious Emblems“ (1848 und 1850)

1848 erschien erstmals das Druckwerk „Religious Emblems“, in dem John W. Barber (1798-1885) das Thema des Himmlischen Jerusalem in Tradition der Emblematik aufgriff und es graphisch umsetzte, indem er neben moralischen Beispielen auch aktuelle Ereignisse mit biblischen Themen verband. Unter den Abbildungen finden sich mehrere Darstellungen des Himmlischen Jerusalem, als Ziel einer Pilgerreise in Anlehnung an den Band Pilgrim’s Progress (den Barber bereits zuvor illustriert hatte) oder als Endpunkt von Zweiwegebildern. Der Band, der gleichzeitig in New Haven, New York und Boston erschien, wurde in den USA überaus populär und hatte Einfluss auf die Frömmigkeitskultur. Es war einer der größten Erfolge von John W. Barber, der in den folgenden Jahren noch ähnliche emblematische Werke auf den Buchmarkt brachte, so etwa „Religious Allegories“ (1850). Grundlage des Erfolges: einfachste schwarz-weiß Zeichnungen, klarer Bildaufbau mit sofort verständlicher Bildaussage, emotionaler Gehalt und eine kräftige Prise Humor.

Den Humor zeigt schon die erste Illustration zum Neuen Jerusalem. Die Himmelspforte erscheint auf S. 31, wo sie das Matthäusevangelium Kap. 7, Vers 14 illustriert. Es ist eine der wenigen Szenen, bei der das Betreten des himmlischen Bereichs misslingt. Drei Personen versuchen, in die himmlische Stadt zu gelangen, die hinter der Pforte geheimnisvoll leuchtet. Zwei der drei scheitern am schweren Gepäck, das mit „Ruhm“, „Ehre“ oder „Selbstgerechtigkeit“ näher bezeichnet ist. Neben dem Ruhm findet sich unter der Rampe auch der Rum, neben einem Sack mit 10.000 Dollar, damals eine Millionensumme. Für jeden in der Landwirtschaft tätigen war sogleich deutlich: Der Mann mit der Kugel ist selbstverständlich eine Anspielung auf den Mistkäfer.

Seite 34 bringt eine weitere moralische Allegorie: Ein Mensch schleppt sich mit der Welt zu Tode. Diese Welt (gemeint sind vermeintliche weltliche Annehmlichkeiten wie Geld, Spiel, Sexualität etc.) ist sein Kreuz. Die winzige Himmelspforte im Hintergrund (ähnlich wie in Barbers Fassung von 1819) sieht er wohl, wird sie aber nicht erreichen.

Seite 64 ist eigentlich eine Wiederholung des Frontispiz: Wieder wird ein Ertrinkender gerettet. Diesmal steht die Stadt Jerusalem direkt am Ufer, sie wird in dieser Allegorie durch ein zweistöckiges Gebäude repräsentiert. Hier finden sich im Dachbereich Zacken, die schwer zu erklären sind. Es sind weder Kamine noch Schmuckornamente, vielleicht deutet sie William Blake zuvor in seiner Zeichnung an (1824, letzte Zeichnung).

Die Abbildung von Seite 124 ist dann wieder eine Wiederholung von Seite 34. Barber zeigt zwei „Weltkinder“, die dem weltlichen Spiel – angedeutet mit zwei Spielkugeln, die gleichzeitig die Erde repräsentieren – um Ehre, Reichtum und Vergnügungen verfallen sind. Der eine rollt den Ball problemlos nach unten, der andere bemüht sich noch, den Ball wie Sisyphus auf den steilen Weg nach oben zu schleppen – vergeblich, denn mit diesen Zielen kommt man nicht weit. Die Gottesstadt im Hintergrund wird von niemandem beachtet, der kahle Weg zu ihr ist verlassen. Sie ist nicht, wie auf dem Frontispiz, im Himmel, sondern ähnlich einem Kastell auf einem Berg dargestellt. Damit ist angedeutet, dass, wie es in den Erweckungsbewegungen jener Zeit gepredigt wurde, fromme Menschen schon auf Erden etwas von dem Neuen Jerusalem erfahren können – allerdings müssen sie sich anders verhalten als hier.

Der Band wurde mehrfach nachgedruckt, 1850 folgte dann die „improved edition“, die nicht alleine verbessert, sondern etwa um das doppelte erweitert wurde, mit dem eigenen Teil „Religious Allegories“. Auch neue Illustrationen sind zu finden. Bereits das Frontispiz der 1850er-Gesamtauflage zeigt das Himmlische Jerusalem am Ende eines schmalen Pfades, der zwischen Wolken erscheint. Die Stadt besteht aus einer kahlen Mauer, einem kleinen goldfarbenen Tor und zahlreichen Zacken, die der Mauer aufgesetzt sind. Vor der Stadt wird ein Mensch von einem Engel vor dem Ertrinken gerettet. In dem gesamten Band ist es die einzige kolorierte Illustration.

Bereits auf auf S. 10 wird über der Unterschrift „Walking of Faith“ die Himmelsstadt gezeigt, mit den merkwürdigen Zacken wie bereits in Teil 1 (S. 64). Davor sieht es so aus , als würde die Mauer der Stadt aus hellweißen Engeln bestehen, die sich gegenseitig die Hände reichen. Von links schreitet ein Mann über ein Brett, welches über eine tiefe Schlucht führt. Auf diesem Brett steht „Faith“, also „Glaube“ geschrieben, ohne weiter zu erläutern, an was hier eigentlich geglaubt wird.

Nur S. 76 zeigt die Stadt, die durch ein einziges Bauwerk repräsentiert wird, aus der Nähe. Es ist ein zweistöckiges Gebäude mit Flachdach, ohne besondere Verzierungen oder ein prächtiges Zugangstor. Zahlreiche zeitgenössische Fabriken sahen so aus, auch die 1836 vollendete Bauakademie Berlins stand offensichtlich Pate. Tatsächlich ist der Dachbereich mit kleinen Filialtürmen ausgestattet, über denen die Krone der Märtyrer schwebt.

Genau der gleiche Bau ist auf S. 100 in einen anderen Kontext gesetzt: Hier strebt ein Ertrinkender dem rettenden Ufer zu, an dem bereits drei weitere Menschen stehen, neben einer übergroßen Figur mit einer Krone, welche ein Blatt mit der Aufschrift „Liberty“/„Freiheit“ entgegenhält.

Die letzte Jerusalem-Abbildung findet sich auf Seite 136 des zweiten Teils. Die Masse strömt in die Hölle. Der verhängnisvolle Zug folgt einer Fahne, die am Ende des Zuges nochmals erscheint. Es handelt sich vermutlich um das Georgskreuz der englischen Fahne zusammen mit der US-amerikanischen Fahne, die hier für weltliches Machtstreben stehen. Nur wenige Pilger machen sich auf in Richtung des steilen Weges. Jerusalem ist ganz ähnlich wie auf dem Frontispiz präsentiert, auch die Zacken, eine Spezialität Barbers, dürfen nicht fehlen.

William Holmes, John W. Barber: Religious emblems. Being a series of emblematic engravings, with written explanations, miscellaneous observations, and religious reflections, designed to illustrate divine truth, in accordance with the cardinal principles of Christianity, New Haven 1848.
Claus Bernet, Ingeborg Schmidt: Das Zweiwegebild, Norderstedt 2014 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 22).

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tags: USA, Allegorie, Emblem, Volksfrömmigkeit
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