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Friedrich Stummel (1850-1919): St. Dionysius in Nordkirchen-Capelle (um 1903)

Friedrich Franz Maria Stummel (1850-1919) war ein wichtiger Vertreter des deutschen Historismus mit universalem Anspruch; er arbeitete als Maler, Textilkünstler, Innendekorateur und Glasmaler. 1866 studierte er als sechzehnjähriger bereits an der Düsseldorfer Kunstakademie, damals eine der, wenn nicht die zentrale Ausbildungsstätte für Sakralkunst. Stummel hatte vielfältige Interessen und Talente, ungewöhnlich für seine Zeit war er ein Langzeitstudent und brachte es auf zwölf Jahr, so dass er, als er endlich sein Kunststudium beendete, fast die Hälfte seines Lebens studiert hatte. Die Investition hatte sich gelohnt, international bekannt wurde er paukenschlagartig 1878, ausgerechnet mit zwei profanen Gemälde, einmal mit der Silbermedaille für ein Badezimmer-Bild auf der Londoner Weltausstellung und mit einem Dürer-Porträt bei der Biehl-Kalkhostschen Stiftung für Freskomalerei. Die Sakralmalerei wurde aber sein Hauptbetätigungsfeld; im Kaiserreich malte er zahlreiche Kirchen aus, die in verschiedenen Neostilen damals wie Pilze aus dem Boden schossen, die bedeutendsten waren die Gnadenkapelle an seinem Wohn- und Arbeitssitz Kevelaer, die Rosenkranz-Basilika und die Herz-Jesu-Kirche, beide Berlin, St. Peter und Paul in Kerken-Aldekerk und St. Marien in Warendorf. Äußerer Erfolg dieser künstlerische Tätigkeit: Stummel konnte es sich leisten, einen Ruf für mittelalterliche Malerei an der Hochschule zu Charlottenburg abzulehnen.
So beliebt und geschätzt seine Werke damals waren, so verhasst waren seine Arbeiten nach dem Zweiten Weltkrieg. Es gab sogar einen extremen Kunsthistoriker, der sich dazu verstieg, in seiner Kunst geistige Wegbereiter der nationalsozialistischen Katastrophe zu sehen. Die Folge: Fast alle seine Werke wurden im Purismuswahn der 1960er Jahre radikal beseitig, heute sind, bis auf Ausnahmen, lediglich einige seiner Glasfenster erhalten. Inzwischen hat wieder eine Umwertung eingesetzt: Nach den Erfahrungen mit dem Beton-Halleluja und der radikalen Moderne wurde man, nach einer ersten Ausstellung zu seinem Werk 1979, seit den 1980er Jahren wieder auf den Wert seiner Arbeit aufmerksam. Fast alle seiner überlebenden Kunstwerke stehen heute unter Denkmalschutz.
Das gilt auch für seinen Beitrag in der römisch-katholische Kirche St. Dionysius in Capelle bei Nordkirchen, nördlich von Bergkamen (NRW). Diese wurde mit neuen Glasfenstern ausgestattet, die gut zum neogotischen Stil der Kirche passen, die in ihrer äußeren Erscheinung im späten 17. Jahrhundert entstanden ist. Hier arbeitete Friedrich Stummel ebenfalls mit der Werkstatt Derix aus Kevelaer zusammen.

Die prächtige Fensterrose aus Antikglas, Blei und Schwarzlot im Querschiff rechts hat im Zentrum eine Himmelspforte, die in der Darstellung traditionell figürlich gehalten ist. Entstanden ist sie um 1903, quasi zeitgleich mit einem ähnlichen Fenster St. Marien in Ahlen, welches Stummel zugeschrieben wird.

Gregor Hövelmann: Friedrich Stummel. Eine Lebensskizze, in: Der Kirchenmaler Friedrich Stummel (1850-1919) und sein Atelier, hrsg. vom Kreis Kleve 1979, S. 15-28.
Nordkirchen (Capelle) St. Dionysius, in: Das Bistum Münster, 3: Die Pfarrgemeinden, Münster 1993, S. 333-334.
Hein Derix: Friedrich Stummel und seine Schüler, in: Sankt Antonius Kevelaer. Hrsg. vom Kirchbauverein St. Antonius Kevelaer e. V., Kevelaer 2000, S. 57-61.
Tobias Schrörs: Bau und Ausstattung westfälischer Kirchen als Zeugnisse der Volksfrömmigkeit: Sankt Mauritius (Nordkirchen), Sankt Dionysius (Capelle), Sankt Pankratius (Südkirchen), Sankt Borromaeus-Kapelle, Kollegium Borromaeum (Münster), Sankt Ludgeri, Münster 2017.
Tobias Schrörs, Jörg Thole: Kirchenführer der katholischen Kirchen Nordkirchen St. Mauritius, Südkirchen St. Pankratius, Capelle St. Dionysius, Nordkirchen 2021.

 

tags: NRW, Porta Coeli, Historismus, Jugendstil, Nazarener, Monumentalfenster
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