Gingen an der Fils ist eine Landgemeinde östlich von Stuttgart. Sein baulicher Mittelpunkt ist die spätgotische Johanniskirche, die überregional als Gesamtkunstwerk im Filstal bekannt ist. 1963/64 waren umfangreiche Renovierungen notwendig – nur erfahrene Kräfte sollten hier sorgfältig im Bestand arbeiten, so war die Vorgabe in der Ausschreibung. Auch wünschte man Arbeiten, die zum Charakter der Kirche passen und sich einfügen sollten. Der damalige evangelische Pfarrer Emil Weiß beauftragte zusammen mit dem Kirchenrat den Stuttgarter Glasmaler Adolf Valentin Saile (1905-1994) mit der Ausgestaltung der Fenster im Chor der Kirche. Im September 1964 war der Einbau abgeschlossen, das Fenster ist links unten signiert und datiert.
Hier und anderswo sollte Johannes, dem Namenspatron, eine besondere Bedeutung zukommen. Er ist oben im Maßwerk mit den anderen Evangelisten dargestellt. Zu sehen ist darunter Christus als Weltenrichter in der mittleren Bahn in einem bewusst an mittelalterliche Vorbilder angelegtem Bildaufbau. Wir können davon ausgehen, dass Saile die Weltgerichtsdarstellung des Martin Schaffner von 1524 aus ebendieser Kirche bekannt war und er sie um eine moderne Interpretation ergänzte. An der linken und rechten Seitenbahn wurden die zwölf goldenen Tore hinzugefügt, im Prinzip gleich wie in seiner Darstellung in Nehren, an der Saile zur gleichen Zeit arbeite. Sie sind, bis auf die beiden obersten Tore, in Gingen von einem weißen Balken, der Stadtmauer, umzogen. Schaut man genau, wird man in jedem der Tore einen weißen Kreis finden: Es sind die zwölf Perlen der Stadt. Vor ihr sind links noch die Geretteten mit Palmwedeln und rechts die Verdammten versammelt, von denen einer sogar kopfüber steht.
Hans Brandauer: Gingen an der Fils und seine alte Kirche. Eine geschichtliche Betrachtung, Gingen an der Fils 1967.
Albert Walzer: Valentin Saile. Hundert Jahre Kunstglaserei und Glasmalerei, Stuttgart 1968.
Gabriele von Trauchburg: Johanneskirche Gingen/Fils, Donzdorf (2015).
Gabriele von Trauchburg: 1100 Jahre: 915-2015, Gemeinde Gingen an der Fils, Gingen an der Fils (2015).
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