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Jerusalems-Darstellungen von Adolf Valentin Saile (1905-1994): Nehren, Brettach, Gingen an der Fils (alle 1963)

Der Glaskünstler Adolf Valentin Saile (1905-1994) war in Württemberg eine Institution, zahlreiche Glasarbeiten sind nach 1945 in seiner Stuttgarter Werkstatt geschaffen worden, oft in Zusammenarbeit mit anerkannten Künstlern. Saile war einer der bedeutendster Glasmaler der Nachkriegszeit, der traditionelle Formen mit behutsamer Modernisierung verbinden konnte. Inzwischen wurden von Adolf V. Saile auch mehrere Arbeiten mit Darstellungen des Neuen Jerusalem bekannt:
Stiftskirche Stuttgart (1953/54),
Veitskirche in Nehren (1962)
-Ägidiuskirche in Brettach (1963)
-Johanneskirche in Gingen an der Fils (1964)
-Martinskirche in Weil im Schönbuch (1967)

 

Nach Sailes Mitarbeit an den Glasfenstern der Stuttgarter Stiftskirche nahm der Künstler erst wieder nach knapp zehn Jahren, 1962/63, das Jerusalemsmotiv erneut auf. Diesmal wurde von dem Künstler die Veitskirche in Nehren mit zwei Glasmalereien im Chorbereich ausgestattet. Im oberen gotischen Vierpass wurde mittig das Christuslamm und vier Tore dargestellt, während die restlichen sechs Tore in einem Halbkreis über zwei spätgotische Fenster darunter verteilt sind. Diese Tore sind, über das steinerne Maßwerk hinweg, mit einem Mauerzug verbunden.

.Siegfried Fischer (Bearb.): Kirchenführer evangelische Veitskirche Nehren, Nehren 2004.

 

Eine seiner weniger bekannten Arbeiten findet man in der evangelischen Ägidiuskirche im schwäbischen Brettach. Anlass zu dem Motiv des Neuen Jerusalem gab mglw. eine Tafel aus der Barockzeit, die in dieser Kirche bereits einmal die himmlische Stadt zeigt. Saile fand 1963 jedoch eine ganz neue Formensprache als auf dieser Merian-Kopie: im Zentrum stehen das Kreuz und das Lamm Gottes in einem Tondo, der durch einen schwarzen, vertikalen Balken zweigeteilt ist. Um den roten Tondo ziehen sich zwölf Tore, die alle mit einem farbigen Edelstein geschmückt sind und im oberen Feld den Namen eines jüdischen Stamms tragen. Ihre Tore stehen offen. Zwischen den Toren wurde auf eine Mauerdarstellung verzichtet, auch der Lebensbaum und das Lebenswasser wurden von Saile motivisch nicht aufgenommen.

Evangelische Kirchengemeinden des Bezirks Neuenstadt am Kocher (Hrsg.): Unsere Heimat, die Kirche, Stuttgart 1959.
Evangelische Kirchengemeinde Brettach (Hrsg.): Evangelische Kirche Brettach – Entdeckungen im Jahr des 500. Reformationsjubiläums, Brettach 2017. 

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Gingen an der Fils ist eine Landgemeinde östlich von Stuttgart. Ihr baulicher Mittelpunkt ist die spätgotische Johanniskirche. 1964 waren umfangreiche Renovierungen notwendig. Der damalige evangelische Pfarrer Emil Weiß beauftragte zusammen mit dem Kirchenrat Saile mit der Ausgestaltung der Fenster im Chor der Kirche. Hier und anderswo sollte Johannes, dem Namenspatron, eine besondere Bedeutung zukommen. Er ist oben im Maßwerk mit den drei anderen Evangelisten dargestellt. Zu sehen ist darunter Christus als Weltenrichter in der mittleren Bahn. An der linken und rechten Seitenbahn wurden die zwölf goldenen Tore hinzugefügt. Sie sind, bis auf die beiden obersten Tore, von einer weißen Linie, der Stadtmauer, umzogen.

Albert Walzer: Valentin Saile. Hundert Jahre Kunstglaserei und Glasmalerei, Stuttgart 1968.
Gabriele von Trauchburg: Johanneskirche Gingen/Fils, Donzdorf (2015).
Gabriele von Trauchburg: 1100 Jahre: 915-2015, Gemeinde Gingen an der Fils, Gingen an der Fils (2015). 

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Das letzte bekannte Werk Sailes mit einer Thematisierung des Neuen Jerusalems entstand 1967 in der Martinskirche in Weil im Schönbuch bei Böblingen. Es ist ein Offenbarungs- und zugleich ein österliches Fenster im Chorraum, der teilweise von der Orgel verdeckt wird: Die von unten nach oben heller werdenden Farben deuten Erde und Himmel an. Saile hat diesmal eine ganz andere Darstellungsweise ausgearbeitet als zuvor, wo er sich mehr auf die Tore konzentrierte. Im Mittelpunkt, in einer Mandorla, steht das Siegeslamm, von dem die Ströme lebendigen Wassers ausgehen, und auch das Blut der Erlösung nach unten fließt. Im oberen Sektor des Bildes leuchten die zwölf Perlen als Tore zum Neuen Jerusalem und ziehen sich in einem gelben Band rechteckig um das Lamm. Unten ist ein Stück freigelassen, wo das Wasser und Blut nach unten fließt, wodurch die zwölfte Perle oben aufsitzt, wo sie vom Baum der Erkenntnis und Baum des Lebens gerahmt ist.

Ehrenfried Kluckert: Adolf Valentin Saile, in: Schwäbische Heimat, 33, 1982, S. 43-48.

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tags: Adolf Valentin Saile, Nachkriegskunst, Stuttgart, Württemberg, Schwaben, Chor
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