Nach einem schweren Brand 1833 wurde die orthodoxe Klosterkirche Rila (Bulgarien) in einer Woge nationaler Begeisterung unter Leitung des Abtes Jossif wieder aufgebaut. Die besten Maler Bulgariens beteiligten sich daran, unter anderem der Meister Sachari Sograf (1810-1853).
Das Neue Jerusalem ist in dem Kloster als eigenständige Darstellung in der Kirche visualisiert. Dort werden die drei Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob auf goldenen Thronsesseln im Inneren der Stadt gezeigt, ein in der Ostkirche populäres Motiv. Auf ihren Schössen halten sie in Tüchern geschützte Seelen.
Bauten sind in diesem Jerusalem, das stark von Paradiesvorstellungen geprägt ist, nicht zu finden, wohl aber zahlreiche Palmen und Zedern, dazwischen hügelige Wiesen. Die Ruhe und Abgeschiedenheit wird jedoch bald zu Ende sein, denn in beiden Darstellungen drängen sich vor den Toren Massen von Heiligen, die von Petrus kaum mehr zurückgehalten werden können. Noch aber sind die Tore geschlossen. Unterhalb der Stadtmauer findet man vier Rohre. Es handelt sich keineswegs um eine Kanalisation, sondern um den Paradiesfluss, der in die vier Flüsse Gion, Fison, Tigris und Euphrat geteilt ist.
Eine weitere Malerei zeigt im Mittelfeld den auferstandenen Christus als Weltenherrscher. Um ihn sind kreisförmig Gruppen von Heiligen, Engeln sowie Mauern und zwei identische Tore der Stadt angeordnet. Solche Tore findet man unter Christus und ein zweites Mal kopfüber über Christus. Diese Komposition, die 1844 angebracht wurde, findet man im Säulengang des Katholikons. Vor allem die Art der Pforte, die ähnlich wie zuvor die zwölf Tore gestaltet ist, zeigt an, dass noch immer die gleiche Malerschule am Werk ist.
Christo Christov, Georgi Stojkov, Krustju Mijatev: Rilskijat Monastir, Sofija 1957.
Rilski manastir. Ril’skij monasty’r. Das Rila-Kloster. Le monastère de Rila. The Rila monastery, Sofia 1968.
Michael Margaritoff: Das Rila-Kloster in Bulgarien, Kaiserslautern 1979.
Margarita Koewa: Rila-Kloster, Sofia 1989.
Ivanka Gergova: Die Chreljo-Tür aus dem Rila-Kloster als Tür zum Paradies, in: Problemi na izkustvoto, 25, 1, 1992, S. 17-27, 63-64.
Zum Künstler:
Sachari Sograf (Захарий Христович Димитров) vermutlich im Jahr 1810 in Samokow (Westbulgarien) geboren. Er war der Sohn des Begründers der Samokower Malerschule, Christo Dimitrow, und wurde zusammen mit anderen Brüdern von seinem Vater in der Ikonenmalerei unterrichtet. Zunächst arbeitete Sachari Sograf in der Werkstatt seines älteren Bruders Dimiter. 1842 gründete er eine eigenständige Werkstatt, die mit den Fresken der Sveti-Konstantin-i-Elena-Kirche in Plowdiw beauftragt wurde, dann auch mit Arbeiten in den Klöstern Batschkowo (1841), Trojan (1847/49) und Preobrajenski (1851). 1851/52 verbrachte er am Athosberg (Griechenland) und bemalte im Kloster Megisti Lavra die äußere Narthex. Nach seiner Rückkehr nach Samokow im Jahr 1853 erkrankte Sograf an Fleckfieber und verstarb am 14. Juli 1853.
Das Verdienst von Sachari Sograf sind aber nicht seine unzähligen Arbeiten, sondern der zu seiner Zeit stagnierenden Kirchenmalerei Bulgariens neue Inspiration gegeben hat. Er vermengte dabei westeuropäische und russische Einflüsse mit der eng an den alten byzantinischen Stil angelehnten Kirchenkunst seines Heimatlandes. Seine Arbeiten stellen auch den Übergang von der kirchlichen zur profanen Malerei in Bulgarien dar, den seine zahlreichen Schüler fortsetzten.
Beitragsbild: Dennis Jarvis from Halifax, Canada, Bulgaria-03066 (11050977126), CC BY-SA 2.0