Nach 1945 zeigte die evangelische Kirche in Köln mehr Präsenz und beteiligt sich am Wiederaufbau. Eines ihrer Projekte war, neben dem Tersteegenhaus, eine Sozialsiedlung im Süden der Stadt. Dort gründete man die Diakonie Michaelshoven, zunächst als Waisenheim, später mit Wohnanlagen für ältere Menschen, Einrichtungen für Behinderte, Bildungszentren, u.a. Heute ist die Diakonie Michaelshoven der größte diakonische Träger im Kölner Raum mit den genannten Einrichtungen und etwa 3.000 Mitarbeitern, inzwischen auch viele, die nicht der Kirche angehören.
Im Zentrum der Anlage, die an einen mittelalterlichen Dorfanger angelehnt ist, erbaute man die Erzengel-Michael-Kirche und weihte den Bau 1964 feierlich ein. Der Name wurde gewählt, weil St. Michael auch als Beschützer der Witwen und Waisen gilt. Außen erinnert der Bau an ein Zelt und sollte bewusst nicht an traditionelle Sakralbauten angelehnt sein, daher fehlen Portal und Kirchturm. Als hauptsächlichen Kirchenschmuck der ansonsten ruhigen, aber mit Holz warmen Inneneinrichtung gelten die Buntglasarbeiten. Dafür gewann man den gebürtigen schweizerischen Künstler Éric de Saussure (1925-2007), der damals als Frère Éric Mitglied der Communauté de Taizé war und als ihr bedeutendster Künstler gilt.
In Köln sollte er später nochmals ein Glasfenster ausführen, diesmal für eine evangelische Gemeindekirche (Hoffnungskirche), und in beiden Fällen findet sich als Motiv das Himmlische Jerusalem. In Michaelshoven bekrönt es das schmale Fensterband an der linken Chorseitenwand. Dort hat Saussure mehrere musizierende Engel dargestellt, in einem Stil, der unverkennbar an damalige Fenster Chagalls angelehnt ist.
Ganz oben, im letzten Fenstersegment, ist eine feuerrote Stadt dargestellt, bestehend aus mehreren aneinandergesetzten Architekturkompartimenten. Die expressiven dynamischen Formen bilden ein Gegengewicht zu den eher harmonischen, runden Formen der Engel. Den Dächern wurden Schmuckelemente aufgesetzt, die wie Bäume aussehen. Es sind aber Knäufe oder Teile von Dachbalustraden, die einen einheitlichen oberen Abschluss erzeugen. Der Hintergrund ist mit Scheiben in unterschiedlichen Blautönen gesetzt, womit Rot und Blau dominieren, die beide bereits seit dem Mittelalter bevorzugt als Farben des Himmlischen Jerusalem Verwendung finden.
Reinhold Bardenheier: Das Dorf der Diakonie Michaelshoven, in: 1000 Jahre Rodenkirchen, hrsg. von der Bezirksvertretung des Stadtbezirks Rodenkirchen, Köln 1988, S. 49-54.
Reinhard Hackler: Den Wandel gestalten – vom Diakonieverein zum diakonischen Unternehmen. Festschrift anlässlich des ersten Jahresfestes der Diakonie Michaelshoven, Köln 2003.
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