Daniel Mosimmanuel de Gresle: Zweiwegebild als frühneuzeitliches Flugblatt aus Straßburg (1612)
Diese Stadt wird fast vollständig von einer Wolke verdeckt, vor der Christus Pantokrator als Weltenrichter erscheint. Er thront ganz mittelalterlich auf einem Regenbogen, begleitet von zwei Engeln, die mit Posaunen zum Jüngsten Gericht rufen. Hinter der Wolke, die an eine Mandorla angelehnt ist, sieht man zahlreiche kleine Wohnhäuser wie in mitteleuropäischen Städten des 17. Jahrhunderts. Sie werden von einer massiven Mauer geschützt und zusätzlich von drei Rundtürmen an einer Seite begleitet. Zwei vordere Türme zeigen an, dass in diesen Engel Wache halten. Üblicherweise befindet sich im Zentrum des Himmlischen Jerusalem das Lamm Gottes oder Christus, der hier bereits in der Wolke dargestellt ist. Ihm zu Füßen, noch außerhalb der Stadt, sind unzählige Nackte versammelt, denen das Gericht bevorsteht.
Der Ausschnitt gehört zum einem 50 x 27 Zentimeter großen Flugblatt, welches 1612 in Straßburg geduckt wurde. Es zeigt den Lebensweg in Form des Buchstaben Y, wo an der Gabelung der Weg nach links in den Himmel und rechts in die Hölle führt. Diese Fassung hat sich in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel erhalten, wo es unter der Kurzsignatur IT 74 aufbewahrt wird.
An verschiedenen Stellen des Kupferstichs sind Zahlen zu entdecken, insgesamt nicht weniger als 46 Stück. Nummer 29 etwa erklärt: „Die heilige Statt eine wohnung der christlichen Kirchen mit ihrem Breutigam Christo“. Diese und andere Ausführungen stammen von Daniel Mosimmanuel de Gresle, der sie in deutscher und französischer Sprache abfasste. Was seine Intention zu der mühseligen und kostspieligen Arbeit war, ist nicht ganz klar: Das gesamte Blatt bietet nichts, was damals nicht längst bekannt und in jeder Bibel zu finden war.
Wolfgang Harms: Das pythagoreische Y auf illustrierten Flugblättern des 17. Jahrhunderts, in: Antike und Abendland, 21, 1975, S. 97-110.
Wolfgang Harms: Deutsche illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts. Die Sammlung der Herzog August Bibliothek, 3, Tübingen 1989.
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