Thietmarleuchter, früher Azelinleuchter, aus dem Hildesheimer Dom (1038-1044)
Obwohl Radleuchter so selbstverständlich zum romanischen Kircheninterieur gehörten, haben sich nur sehr wenige Exemplare bis in unsere Zeit erhalten. Der älteste in Deutschland erhaltene Leuchter ist wohl der „Thietmarleuchter“ (früher Azelinleuchter genannt) aus dem Hildesheimer Dom. Er entstand im Jahrzehnt der Regierungszeit des Hildesheimer Bischofs Thietmar zwischen 1038 und 1044 und wurde zur Beleuchtung des Domes angefertigt. Der Künstler ist namentlich nicht bekannt, vermutlich war eine lokale Werkstatt mit der Anfertigung beauftragt. Ursprünglich hatte der Leuchter seine Heimat im Hildesheimer Domchor, wurde aber im Mittelalter in die St.-Antonius-Kirche abgegeben, die unmittelbar an den Kreuzgang des Hildesheimer Doms angrenzt. Von 1982 bis 1989 kam es zu einer großen wissenschaftlich begleiteten Restaurierung des Leuchters und die Idee entstand, ihn wieder an seinen ursprünglichen Standort zurückzubringen. Nachdem St. Antonius zu einem Dommuseum umgebaut wurde, gelangte der Leuchter 2014 wieder in den Altarraum des Doms, während der jüngere Heziloleuchter an seinen ursprünglichen Platz im Langhaus der Kirche zurückkehrte. Somit ist der Dom heute wieder mit zwei bedeutenden romanischen Radleuchtern ausgestattet.
Wie die meisten Leuchter des hohen Mittelalters besteht auch der Thietmarleuchter aus vergoldetem Kupfer, verzinntem Blech und Bleibeigaben. Zu sehen sind wechselweise zwölf Türme und Tore, an denen die Halteseile angebracht sind. Der dazwischen liegende Reif zeigt einen geflochtenen Rundstab, der die Mitte durchläuft, und einen durchbrochenen Blattkranz auf dem oberen Rand. Die meisten dieser Schmuckelemente sind gotisch überformt und geben von dem romanischen Aussehen nur einen ungefähren Eindruck. Andere Schmuckstücke gingen im Laufe der Jahrhunderte ganz verloren, wie zwölf silberne Apostelbildchen und lose Engelsfiguren, die ursprünglich auf den Leuchter gesteckt waren. Besonders stilvoll sind die hexagonalen gotischen Türmchen. Diese erinnern in ihrer Gestalt an Laternen und sind daher formal bestens für einen Leuchter geeignet.
Hermann Cuno: Der große Radleuchter des Domes zu Hildesheim in seiner symbolischen, ästhetischen und technischen Bedeutung, Hildesheim (1887).
Adolf Bertram: Geschichtliche Nachrichten über die beiden Radleuchter im Dome zu Hildesheim, Hildesheim 1900.
Adelheid Schmeller-Kitt: Der frühromanische Kronleuchter und seine Symbolik, Wien 1944 (unveröffentlicht).
Victor H. Elbern: Dom und Domschatz in Hildesheim, Königstein 1979.