Anton C. Laier (1883-1969) war protestantischer Pastor im dänischen Hjallerup, allerdings nur bis 1937. In diesem Jahr wurde Laier gegen den mehrheitlichen Willen seiner Gemeinde abgesetzt, weil er mit seinen weltlichen und religiösen Zementskulpturen den Pfarrgarten, so der Vorwurf, in ein moralisch fragwürdiges Karussell verwandelt hätte. Der Widerstand gegen Laier lag aber auch daran, dass er mehreren Gemeinderatsmitgliedern gegenüber sehr kritisch war, die er von der Kanzel aus öffentlich anging. Zum Zeitpunkt seiner Entlassung wurde ihm immerhin eine halbe Rente zugesprochen, was es ihm ermöglichte, sich jetzt ganz seiner Kunst zu widmen. Im Winter lebte er nach seiner Entlassung in Thornin, wo er schwerpunktmäßig malte, und im Sommer in einem Sommerhaus der Familie in Hjallerup, wo er seine künstlerische Tätigkeit als Bildhauer fortsetzte, insbesondere mit Skulpturen aus Zement. Seine Kunst wird als die einzige echte Indremissionskunst (innere Mission) in Dänemark beschrieben und soll der naiven Malerei zugehörig sein. Einer seiner größten Bewunderer war der Kunsthistoriker Rudolf Kristian Albert Broby-Johansen (1900-1987), der in den 1960er Jahren einen Film über Laier drehte und darin den Konflikt um seine Kunst sowie sein Verständnis von innerer Mission in einem größeren gesellschaftlichen Kontext interpretierte.
Der über Jahrzehnte entstandene Skulpturengarten in Hjallerup ist heute ein Museum. Eine größere Sammlung seiner Werke befindet sich in der Kunsthalle der Stadt Skagen, darunter vor allem seine Gemälde. Eines mit dem Titel „Neues Jerusalem“ entstand um das Jahr 1950. Es war damals eine der ersten und noch wenigen Malereien, die außerhalb einer Kirche alleine diesem religiösen Thema gewidmet war. Es ist im unteren Bereich, wo die irdische Welt beheimatet ist, überwiegend in rotbraunen Farben gehalten, wohingegen in der himmlischen Sphäre helle Blautöne dominieren. Beide Bereiche sind mit zahlreichen Bauten angefüllt, die im oberen Bereich etwas strukturierter wirken, im unteren Bereich älter, enger aneinander gesetzt, teilweise verfallen. Beide Bereiche sind durch die Kreuzerscheinung im runden Nimbus verbunden, ein Motiv, welches Laier bei vielen seiner Arbeiten verwendete. Auch sind die Bauten der alten Welt nicht durch eine Mauer oder einen Fluss voneinander getrennt, sondern gehen ineinander über, was diese Malerei von vielen anderen Interpretationen des Neuen Jerusalem unterscheidet. Es ist aber auch denkbar, dass sowohl die blauen wie auch die braunen Gebäude beide das Neue Jerusalem repräsentieren, zumal sich in beiden Bereichen Sakralbauten und in der Form ähnliche Wohnbauten finden lassen. Seine 1998 posthum erschienene Autobiographie, der man den Namen „Mein Kampf“ gab, geht auf diese Frage nicht ein, ist aber eine nützliche Quelle für viele andere Werke dieses ungewöhnlichen Künstlers.
Rudolf Broby Johansen: Præsten og kunstneren Anton Laier, Hjørring 1970.
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Beitragsbild: Carl Chr. Madsen