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Retabel der Kirche Sankt Marien, Bad Segeberg (1515)

Das mächtige Retabel im Hauptchor der heute evangelischen Kirche Sankt Marien (eine ehemalige Klosterkirche der Augustiner-Chorherren) in Bad Segeberg (Holstein) ist aus gefasstem und geschnitzten Holz, überwiegend vergoldet. Das Kunstwerk entstand laut Datierung im Jahr 1515, vermutlich von Handwerkern, die kurz zuvor eine ähnliche Arbeit in Salzwedel ausgeführt hatten. In Bad Segeberg war es eine der letzten dieser mittelalterlichen Altaraufbauten, die im Zuge der Reformation in die Kritik gerieten und oftmals abgebaut oder sogar vernichtet wurden. Anders in Bad Segeberg: 1668 erfolgte zwar eine Umgestaltung, die aber nur das Äußere betraf und vermutlich das Werk dem reformatorischen Geschmack anpasste und damit seine langfristige Existenz sicherte.

In Sankt Marien dominiert das Werk schon optisch beim Betreten der Kirche den gesamten Raum. Es liegt genau in der Blickachse des Haupteingangs und füllt die Blickachse vollständig aus. Nicht immer ist diese vergoldete Pracht zu sehen: Zu bestimmten Tagen, etwa während der Passionszeit, wird der Flügel auch heute noch geschlossen – eine Tradition, die man eher aus katholischen Gotteshäusern kennt.

Steht man vor dem Werk, entfaltet sich seine gewaltige Größe von sieben Mal vier Metern, wenn beide Flügel geöffnet sind. Auf dreizehn Bildtafeln werden dann Themen des Alten und Neuen Testaments nacherzählt, am wichtigsten sicherlich die Kreuzigungsszene im Zentrum, die hier so viel Platz wie vier Bildtafeln einnimmt. 

Das Himmlische Jerusalem ist auf dem Monumentalwerk kaum zu finden. Die dritte innere Schauseite zeigt Christus Pantokrator als Weltenrichter. Auf der linken Seite ist ganz im Hintergrund eine kleine Szene eingefügt, auf der zwei Heilige zwei nackte Gerettete zu einer Himmelspforte geleiten. Einer ist schwer verletzt von Blut überströmt, offenbar ein Märtyrer. Über der Pforte erheben sich zwei Dächer, das Mauerwerk besteht aus massiven Quadersteinen in Gold. Der letzte der drei gestaffelten Bauteile hat oben einen Abschluss mit Zinnen, darüber erhebt sich das kunstvolle Flamboyant-Schnitzwerk des frühen sechzehnten Jahrhunderts. 

Claudia Schöning: Das Hochaltar-Retabel der St. Marien-Kirche zu Bad Segeberg, Kiel 1998.
Dietrich Ellger: St. Marien zu Segeberg, München 1992 (7).
Johann Anselm Steiger: Sinnbilder am Flügelaltar. Das Emblemprogramm am Altar von St. Marien in Bad Segeberg, in: Das Münster. Zeitschrift für christliche Kunst und Kunstwissenschaft, 73, 1, 2020, S. 42-55.

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tags: Holstein, Flügelaltar, Spätmittelalter, Schnitzerei, Flamboyant
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