Die Marienkirche in Hagen wurde 1892 bis 1895 durch den Architekten Caspar Clemens Pickel als dreischiffiger Hallenbau im neogotischen Stil errichtet. Es entstand ein künstlerisch hochwertiges historistisches Gesamtkunstwerk, an welchem bedeutende Meister ihres Faches beteiligt waren, vor allem bei der Innenausgestaltung. Die gesamte Inneneinrichtung ging im Zweiten Weltkrieg verloren, auch die Bauunterlagen und das ganze Pfarrarchiv sind im März 1945 beim Bombenangriff verbrannt. Von daher ist es über schriftliche Unterlagen nicht mehr möglich, den oder die Künstler vieler Arbeiten namentlich herauszufinden.
Glücklicherweise blieben die Reliefarbeiten an der Fassade erhalten und wurden hier bei der Marienkirche nicht, wie anderswo, mutwillig abgeschlagen, um die Kirche zu purifizieren, wie man damals sagte. 1954 waren die Restaurierungen abgeschlossen und das Weltgericht des Tympanon über dem Haupteingang wurde gesäubert wieder sichtbar.
Das Hauptportal zeigt ganz oben eine Marienkrönung. Diese wurde, um sie vor absichtlichen Beschädigungen in einem inzwischen eher kirchenkritischen Umfeld, aber auch vor Wetter- und Witterungseinflüssen zu bewahren, nach Innen gebracht. Die darunter befindliche dreiteilige Darstellung eines Weltgerichts zeigt noch den ursprünglichen Zustand von etwa 1895, ähnlich übrigens wie auf einer Tympanonsdarstellung in Enniskillen.
In einem Tondo thront Christus als Richter auf einem Regenbogen. Er präsentiert das Buch des Lebens und hält den Betrachtern bzw. Eintretenden die Buchstaben Alpha und Omega entgegen. Im rechten Bildfeld über der rechten Tür foltern Teufelsgestalten einige Sünder. Im gegenüber liegenden linken Bildfeld wird die Aufnahme in das Himmlische Jerusalem gezeigt. Unten sind Gräber zu sehen, aus denen sieben Figuren auferstehen. Die weibliche Figur in der Mitte trägt eine Krone, offenbar ist es die Patronin der Kirche oder eine Heilige. Sie wird von einem Engel in Empfang genommen. Hinter diesem Engel ist links etwas vom Himmlischen Jerusalem zu sehen: Es handelt sich um ein Tor mit Zinnen, durch das die Geretteten in die Stadt gelangen.
Die Sandsteinarbeiten sind stilistisch der Neogotik zuzuweisen, besitzen jedoch eine außerordentliche Feinheit und Betonung vegetabiler Ornamentik, in der sich der Jugendstil ankündigt. Wer sie einst ausgeführt hat, ist nicht bekannt.
Gedenkbuch zur Wiederherstellung der St.-Marien-Kirche Hagen und zur Altarweihe am 11. – 12. Dezember 1954, Hagen 1954.
Hartmut Riemenschneider: St. Marien – Mutterkirche der Hagener Katholiken, in: Ars Sacra. Christiche Kunst und Sakralarchitektur im Raum Hagen, 1988, S. 17-26.
Frank J. Diekmann: Der Himmel schaute hoch hinein. 26. September 1995: einhundert Jahre ‚neue‘ St. Marienkirche in Hagen, in: Heimatbuch Hagen und Mark, 37, 1996, S. 193-198.
St. Marien Hagen. Ein Kurzporträt, Herdecke 2014.
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