Centro Aletti: Fresko und Malerei in der St.-Johannes-Paul-II.-Kirche in Krakau (2014)

Die St.-Johannes-Paul-II.-Kirche, meist als Sanktuarium Johannes Paul II. bezeichnet, war zwischen 2008 und 2016 nicht nur der bedeutendste Kirchenneubau Polens, sondern ein herausragendes Sakralbauprojekt weltweit. Man findet es eingebettet auf einem parkähnlichen Gelände vor den Toren Krakaus, in Nähe weiterer Kapellen, Kirchen und Sanktuarien. Tausende Gläubige pilgern täglich an diesen Ort mit Bibliothek, einem Konferenzzentrum, einem Retreat-Zentrum, Hotelanlagen und einem Open-Air-Amphitheater zu Ehren des ehemaligen Papstes Johannes Paul II. (1920-2005).

Für die Innenausgestaltung sollte die beste sakrale Mosaikwerkstatt unserer Zeit zum Zuge kommen: Centro Aletti. Dieser Betrieb, angesiedelt in Rom, hatte sich bereits durch hervorragende Werke einen Namen gemacht, wobei das Himmlische Jerusalem öfters bildlich aufgenommen wurde, in einer Form, die man auch in Krakau reproduzierte, so etwa in der Cappella delle Suore di Gesù Buon Pastore in Rom (2011), in der Kirche S. Maria della Consolazione in Altamura (2013), in der Kirche von Velehrad (2013) oder im Domus Laetitiae in Assisi (2014). Im Gegensatz zu diesen kleineren Projekten hat die St.-Johannes-Paul-II.-Kirche ein Fassungsvermögen von bis zu 10.000 Personen, und das Fresko mit dem Himmlischen Jerusalem lässt sich nicht aus nächster Nähe bewundern, sondern es schwebt in Form eines Trapez hoch über dem Altarbereich in 20 Meter Höhe. Unten zieht die Höllenfahrt Christi sowie die Anbetung der drei Weisen aus dem Morgenland die Blicke auf sich, während man das Jerusalemsmosaik vollständig erst von den hinteren Bereichen der Kirche aus erkennen kann. Im Schaffen der Werkstatt Centro Aletti ist es das bislang einzige Jerusalem, bei dem die Farbe Grün eine maßgebliche Rolle spielt, hier natürlich als Verweis auf die Pflanzen des Paradiesgarten. Aus dem Grün blicken immer wieder Köpfe hervor, anhand ihrer Bedeckungen und Frisuren als kirchliche Würdenträger zu identifizieren. Sie scharen sich um den Thron Gottes mit dem Lamm, von dem aus der Lebensfluss nach unten strömt. Assistiert wird das Lamm von zwei hervorgehobenen Personen, links Maria, rechts Johannes der Täufer. Das Ganze ist von einer einfachen Stadtmauer an drei Seiten umgeben; am oberen Rand schließt das Gebälk der Kuppel das Kunstwerk ab.

Die Mosaiken, die erst nachträglich in den Bau gesetzt wurden, hat das italienische Atelier Aletti in Rom konzipiert und zwischen März und April 2014 vor Ort ausgeführt. Es ist, soweit bekannt, die bislang erste Mosaikdarstellung der Gottesstadt in ganz Polen. Finanziert wurden die Arbeiten vom Bistum Münster und von der Stiftung Pro Musica e Arte Sacra Roma, die die Verbindung zu Centro Aletti hergestellt hatte.

María Rodríguez Velasco: Tradición y modernidad en la obra de Marko Iván Rupnik. Implicaciones teológicas, estéticas e iconográficas de los mosaicos del Centro Aletti (Roma), Madrid 2013.
Adam Bujak, Jolanta Sosnowska, Biały Kruk: Dom Świętego. Sanktuarium św. Jana Pawła II, Kraków 2015.
Claus Bernet: Mosaike, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 33).
Stanisław Mieszczak, Jan Bierowiec, Piotr Sionko: Konsekracja Sanktuarium św. Jana Pawła II 16 października 2016, o.O. 2016.
María Ruiz de Loizaga Martín: La semplificazione delle forme. Influenza di Matisse nei mosaici di Marko Ivan Rupnik e il Centro Ezio Aletti, in: Collectanea Franciscana, 87, 3/4, 2017, S. 613-634.
María Ruiz de Loizaga Martín: La reinterpretación del descenso de Cristo a los infiernos en los mosaicos litúrgicos del Centro Aletti, in: Estudios eclesiásticos, 94, 2019, S. 443-475.

Das Studien- und Forschungszentrum Aletti gliederte sich der Mission der Gesellschaft Jesu im Päpstlichen Orientalischen Institut an. Es hat seinen Sitz seit 1991 in Rom, in einem Gebäude aus dem späten 19. Jahrhundert, gestiftet von Anna Maria Gruenhut Bartoletti Aletti mit dem Wunsch, es solle ein Raum für interkulturelle Begegnung und künstlerische Reflexion werden. Das Zentrum richtet sich primär an christlich inspirierte Gelehrte und Künstler aus Mittel- und Osteuropa, um eine Gelegenheit für den Austausch zwischen ihnen und ihren Kollegen aus dem Westen zu schaffen. Es fördert die Koexistenz von Katholiken des orthodoxen, östlichen und lateinischen Ritus im Hinblick auf das Wachstum jeder Gruppe in ihrer eigenen Kirche mit dem Ziel, die Begegnung zwischen Ost- und Westchristen zu fördern.
Das Zentrum wurde am 12. Dezember 1993 von Papst Johannes Paul II. eingeweiht. Der Theologe und Künstler Marko Rupnik (geb. 1954) wurde sein erster Direktor. Es besteht aus einer kleinen Gruppe von Jesuiten und Künstlern, u.a.: P. Mailand Žust, Manuela Viezzoli, Michelina Tenace, Maria Campatelli, Marina Tremfelj, Sara Staffuzza, Nataša Govekar, Maria Stella Secchiaroli oder Eva Ostermann. Zum Team gehören auch Architekten, um alle Phasen der Arbeit, von der Gestaltung des kirchlichen Raumes bis zur Schaffung von liturgischen Einrichtungen und Kunstwerken professionell zu begleiten.
Die künstlerische Tätigkeit des Zentrums zeichnet sich dadurch aus, dass Studium und Forschung immer in eine zwischenmenschliche Beziehung gestellt werden. Aus diesem Grund ist das Studium mit dem Leben verbunden und bezieht konkrete Menschen mit ein, was besonders dann der Fall ist, wenn das Zentrum in Zusammenarbeit mit Gemeinden der katholischen Weltkirche Kunstwerke erarbeitet. Seit Gründung sind über 200 Mosaike und Malereien geschaffen worden, für Kirchen, Kapellen, Klöster und Privatpersonen. Obwohl es sehr unterschiedliche Werke sind, von wenigen Quadratzentimetern bis zu 2400 Quadratmetern (Doppelmosaikzyklus von San Giovanni Rotondo) kann man die Handschrift des Zentrums Aletti meist leicht erkennen. Zu den bekanntesten Werken zählen die Mosaiken der Kapelle „Redemptoris Mater“ im Vatikan, die Fassade des Heiligtums von Lourdes, die Fassade des Heiligtums der Madonna dei Fiori in Bra und die Werke der Basiliken von Fátima.

 

tags: Centro Aletti, Krakau, Kleinpolen
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