Franz Bucher (1928-1995) und Emil Kiess (geb. 1930): Altarrelief aus St. Verena in Kehlen (1968)
Die römisch-katholische Kirche St. Verena in Kehlen, einem Ortsteil der Gemeinde Meckenbeuren am Bodensee, besitzt eine außergewöhnliche Altarwand. Es handelt sich um ein Relief aus Beton, das gesondert gegossen und bei Erbauung der Kirche im Jahr 1968 eingefügt wurde. Damals waren Betonwerke das Neueste, was die Sakralkunst zu bieten hatte, obwohl sich schon in den 1950er Jahren Beispiele finden lassen, wie St. Anna in Heerlen oder St. Antonius in Kuppingen. In Kehlen sind der Altar und auch die gesamte Kirche eines der wenigen Baudenkmäler des Brutalismus und gelten heute als abschreckendes Mahnmal einer menschenverachtenden Architektur, deren Ursprünge sich bis in die Monumentalbauten des Faschismus zurückverfolgen lassen. Schon aus diesem Grund ist die Kirche in Kehlen ein wichtiges Zeitdokument für eine verfehlte Baukultur, das es zu bewahren gilt.
Die Oberflächenstruktur der Wand erweckt den Eindruck von Dächern, Gassen und Zinnen aus einer Sicht von oben auf eine Dachlandschaft. Keine Form findet sich zweifach, es sind Rechtecke und Dreiecke in immer neuen Maßen und Farben, die alle so aneinander geschoben sind, das keine Freifläche mehr übrig bleibt. Auch die Assoziation an Bauklötzchen war durchaus gewollt. Im Inneren sind die ganz unterschiedlichen Farben wie ein Orange, Blau oder Braun stärker, nach außen finden sich mehr verebbende Grauflächen oder Beigeflächen. Das Kunstwerk war eine gemeinschaftliche Arbeit des Bildhauers Franz Bucher (1928-1995) und des Malers Emil Kiess (geb. 1930), eines Vertreters der konzeptionellen, überwiegend abstrakten Malerei.
Michael Ruhland: Wie eine Siedlung im Dorf, in: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 33, 2, 2004, S. 123-124.
Claus Bernet: Denkmalschutz, Denkmalpflege und UNESCO-Weltkulturerbe, Norderstedt 2020 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 47).