Die Illustration „Apocalpyse XVII: The New Jerusalem“ ist der letzte von 17 Farbdrucken eines Apokalypsezyklus zum letzten Buch der Bibel. Die US-amerikanische, römisch-katholische Künstlerin Karen Laub-Novak (1938-2009) erwarb einen BA am Carleton College 1961 und einen MFA in Malerei und Druckkunst an der State University of Iowa im Jahr 1959, bevor sie Kunst und Design an verschiedenen Universitäten der USA und in Mexiko unterrichtete. Ihre hiesige Arbeit entstand 1964 während eines Aufenthalts in Rom. Sie wurde dann von der Galerie American Associated Artists in New York ausgestellt. Ein vollständiger Satz des Zyklus‘ wurde von Benediktinermönchen für das St. Vincent College angekauft, ein anderer Satz befindet sich in der Yale University, ein weiterer ist im Besitz des katholischen Theologen und Philosophen Michael Novak (1933-2017), dem Ehemann der Künstlerin.
Der Farbdruck ist charakteristisch für die Kunst der 1960er Jahre. Ohne den Titel, darf man behaupten, ist nicht unbedingt darauf zu schließen, dass hier das Himmlische Jerusalem dargestellt ist. Jedes Blatt dieser Serie hat einen bestimmten Farbton, hier ist es ein heller Ockerton, der vor allem im linken unteren Bereich dominiert. Dort stehen einige Figuren versammelt, zu denen Laub-Novak 1992 schrieb: „Ich versuchte keine historische Kopie der Apokalypse, sondern meine Werke sind Assoziationen, Stimmungen und Anregungen. Heute ist es nicht einfach, die damaligen Gedanken korrekt wiederzugeben. Ich erinnere mich aber genau, dass die Gegenüberstellung des hellen und dunklen Bereichs von den Bildern eines Weltgerichts aus dem Mittelalter inspiriert waren. Auf meiner Europareise hatte ich damals viele solche Gerichte bewundern dürfen. Die Figuren links sind Gerettete, die auf dem Buch des Lebens stehen; oben wehen Siegesfahnen, die vor allem Bewegung und Musikalität in die Zeichnung bringen sollten.“ Rechts hingegen dominiert ein schwarzer Grundton, mit Ocker durchmischt. Dort formiert sich aus expressiven Strukturen eine zweite, kleinere Gruppe von Personen. Wenn ich korrekt interpretiere, sind es Heilige, die im Leben Unrecht erlitten haben und nun der Erlösung entgegen gehen. Irritierend ist eine kleine menschliche Figur, die wie gekreuzigt aussieht. Auch hier, wie bei allen Figuren, kann und soll man die Physiognomien nicht erkennen; Karen Laub-Novak gelingt es, die Stimmung und Emotion allein durch Haltung, Licht und Farbe zu erzeugen. Die Gesichtslosigkeit war damals ein diskutiertes Thema, siehe dazu den Wandteppich aus Bayreuth von 1966.
Karen Laub-Novak: The habits of art, in: Momentum, 17, 3, 1986, S. 25-28.
Karen Laub-Novak: The habits of art. Painter, sculptor, printmaker, writer, o.O. 2008.