Gleich mehrere Illustrationen können dem US-Amerikaner Norman Brice (geb. 1899) aus Ohio zugewiesen werden, die teilweise farbig in der Oktoberausgabe 1992 von „La Sentinelle“, einer Zeitschrift der Adventisten aus der Pacific Press Publishing Association, erschienen ist. Die Zeichnungen selbst sind älter, die erste findet sich bereits in der Zeitschrift „Signs of the Times“ von 1948 (Band 75, Nr. 48, S. 5).
Die Bauten Jerusalems erscheinen denen des Washingtoner Kapitols erstaunlich ähnlich. Bei der ersten Abbildung schwebt das Neue Jerusalem direkt über dem Jefferson Memorial. Hier vergeht die alte Welt nicht, sondern ist zu einer paradiesischen Fantasy-Landschaft umgewandelt. Der Gesamtcharakter ist ruhig und friedlich, das klare Wasser spiegelt die Architektur im Lebensfluss. In den Wiesen blühen nicht bunte Blumen, sondern es sind kleine Menschen in farbigen Gewändern.
Die zweite Illustration erschien kurz darauf ebenfalls in „Signs of the Times“ von 1950 (Band 77, Nr. 4, S. 5). Es ist eigentlich eine Wiederholung des älteren Bildes: Wieder findet man das Jefferson Memorial, aber jetzt zusammen mit anderen modernen Hochhausbauten, die das Neue Jerusalem repräsentieren. Der Fluss oder Kanal ist jetzt durch eine gewaltige weiße Treppe ersetzt. Die zahlreichen Menschen, die zuvor die Uferlandschaft bevölkerten, streben hier nach oben. Es ist ein Klischee Amerikas der 1950er Jahre: Nur weiße Vertreter der Mittelschicht, keine Asiaten, Schwarze oder Menschen, die irgendwie vom Mainstream abweichen. Man gewinnt den fälschlichen Eindruck: Nur langweilige und brave Menschen gelangen in das Himmlische Jerusalem. Diese Illustration ist übrigens unübersehbar mit dem Namen des Künstlers in goldenen Buchstaben an der Treppe unten signiert.
Eine dritte Illustration erschien durch die Pacific Press Publishing Association in Nampa im Jahre 1992, ist aber vermutlich älter. Links oben, am Ende (oder Anfang) des Regenbogens, befindet sich das bereits bekannte Gebäude. Die weitere Bebauung Jerusalems ist nun noch weiter nach vorne gerückt, so sieht man links unten auch maurische Bauelemente aus dem historischen Jerusalem. Dazwischen ist eine Paradieslandschaft gesetzt, mit zahlreichen blühenden Büschen, Palmen und anderen Bäumen. Die Menschen bevölkern diese Gottesstadt bereits, man findet sie zwischen den Arkaden links, auf der mittigen geraden Haupt- oder Prachtstraße, wie auch zwischen den Säulen des Tempels rechts unten.
Über den US-Amerikaner Norman Brice, der derart durchdachte, ausgewogene und ansprechende Illustrationen hervorbrachte, ist kaum etwas bekannt. Er hat jedenfalls nicht nur, wie hier, für Adventisten gearbeitet, sondern auch zahlreiche Jesusbilder für Publikationen anderer Denominationen in den USA angefertigt, darunter „The Resurrection“, „Moses and the Red Sea“ oder „Angels appear to Shepherds“. Weltliche Zeichnungen sind die Ausnahme, wie etwa „Tabern Scene“ oder seine Mitarbeit an dem Kinderbuch „Little Killdeer“ (1945).