Gérard de Jode (um 1511-1591): „Icones Revelantionvm“ (1580)

Im Jahr 1580 erschien in Antwerpen die Bildsammlung „Icones Revelantionvm“. 24 Kupferstiche, die offensichtlich für eine Bibelausgabe gedacht waren, wurden hier auf lose Blätter aufgeklebt. Auf den Text der Johannesoffenbarung wurde verzichtet, lediglich einzelne Verse lassen sich unter den 8,5 x 7,8 Zentimeter kleinen Kupferstichen finden. Die letzte der Arbeiten, Nummer 24, zeigt dabei das Himmlische Jerusalem.

Entwurf und Herstellung gehen auf Gérard de Jode (um 1511-1591) zurück, einen Schwager und Kollegen von Pieter de Jode (1570-1634).
Was war der Zweck dieser Bildsammlung? Gérard de Jode konnte am Ende seines Lebens auf einen gewaltigen Fundus seiner Zeichnungen und Stiche zurückgreifen. Darunter waren Illustrationen, die er gerne für eine Bibelausgabe verwendet hätte. Diese sollten 1580 einem interessierten Publikum bekannt werden, und tatsächlich konnten die gleichen Stiche wenige Jahre nach Erstveröffentlichung in einer Bibeledition aufgenommen werden. 1585 erschien der Band „Thesaurus Novi Testamenti elegantissimis iconibus expressus continens historias atque miracula“, ebenfalls in Antwerpen. Bereits im Titel wird versprochen, hier „höchst elegante Kunstwerke“ abzuliefern – man kann selbst ein Urteil fällen, ob dieses der Fall ist.

Abbildung 24 zeigt das Himmlische Jerusalem eng angelehnt an die Stadtbeschreibung aus der Apokalypse, mit zwölf Toren, den Engeln darin, dem Zionsberg in der Mitte und dem quadratischen Grundriss. Rechts, in einer gewissen Übergröße, befindet sich der Engel mit Johannes. Die Linienführung der Figuren und vor allem die Physiognomien zeigen, dass hier ein Altmeister am Werke war. Die Illustration bringt, für den heutigen Betrachter vielleicht etwas versteckt, auch eine Triniätsdarstellung: In der Stadt findet man das Lamm für Christus; darüber schwebt eine Taube für den Heiligen Geist. Ganz oben zeigen hebräische Buchstaben des Tetragramms Gottvater an. Woher stammt diese Konzeption? Es ist eine Übernahme von „Vitam Aeternam“, die de Jode in Antwerpen kaum unbekannt geblieben sein dürfte.
„Thesaurus Novi Testamenti elegantissimis iconibus“ wurde ein beachtlicher Erfolg, noch heute besitzen Bibliotheken in Frankreich, der Schweiz oder Deutschland Ausgaben dieser Prachtbibel. Um den Wert und die Attraktivität zu steigern, wurden gelegentlich die Stiche auch handkoloriert, wie in dieser Fassung aus der Britischen Nationalbibliothek in London.

Gérard de Jode: Icones Revelationvm S. Iohs. Evangeliste in Pathmo, Antwerpen 1580.
Thesaurus Novi Testamenti elegantissimis iconibus expressus continens historias atque miracula, Antwerpen 1585.
Claus Bernet: Zeichnungen, Norderstedt 2014 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 19).

 

tags: Bibelausgabe, Reformation, Kupferstich, Niederlande
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